Finnischer Schüler erschießt acht Menschen "Menschlichkeit wird überschätzt"

Tuusula/Finnland (RPO). Ein 18-Jähriger hat in einer finnischen Schule um sich geschossen und acht Menschen getötet. Wenige Stunden zuvor hatte er die Tat im Internet angekündigt. In einem seiner Gewaltvideos bei Youtube trägt der Schüler ein T-Shirt mit der Aufschrift "Menschlichkeit wird überschätzt".

Amoklauf im Internet angekündigt
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Foto: AP

Etwa zwölf Schüler und Lehrer wurden nach Polizeiangaben verletzt, als sie aus dem Gebäude flüchten wollten. Der Täter schoss sich in den Kopf und wurde lebensgefährlich verletzt ins Krankenhaus gebracht. Das Massaker ereignete sich an der Jokela-Schule in Tuusula, 50 Kilometer nördlich von Helsinki.

Er stellte unter dem Titel "Jokela High School Massacre - 11/7/2007" am Dienstag ein Video ins Internet, auf dem unter anderem zwei rot eingefärbte Fotos eines jungen Mannes mit Schusswaffe zu sehen waren, wie finnische Medien berichteten.

Die Aufnahme stammt laut User-Profil von einem 18-jährigen Finnen, der unter dem Namen "Sturmgeist89" zu einer "Revolution gegen das System" aufrief.

Ganz normale Familie

Der Täter stamme aus einer ganz normalen Familie, erklärte Polizeichef Matti Tohkanen auf einer Pressekonferenz. Er habe seit dem 19. Oktober eine Lizenz für eine Kleinkaliber-Pistole gehabt und sei zuvor nicht straffällig gewesen. Bei den Toten handelte es sich neben der Direktorin um sieben Schüler: fünf Jungen und zwei Mädchen.

Einer der Lehrkräfte, Kim Kiuru, erklärte, die Direktorin habe alle Schüler kurz vor Mittag über Lautsprecher aufgefordert, in ihren Klassenzimmern zu bleiben. Er habe die Tür abgeschlossen und im Flur auf weitere Anweisungen gewartet, sagte Kiuru dem Radiosender YLE. Dann habe er den Bewaffneten auf sich zurennen sehen.

Dramatische Szenen auf den Schulfluren

Er selbst sei daraufhin die Treppe hinuntergelaufen und so entkommen, dabei habe er die Leiche einer Frau liegen gesehen. Von draußen habe er seine Schüler aufgefordert, aus den Fenstern zu springen. Nach Angaben von Behördensprecherin Heidi Hagman wird die Jokela-Schule von mehr als 400 Schülern im Alter zwischen zwölf und 18 Jahren besucht.

Die 17-jährige Schülerin Terhi Vayrynen berichtete, ihr 13-jähriger Bruder Henri und dessen Klassenkameraden hätten die Erschießung der Direktorin durch das Fenster des Klassenzimmers beobachtet.

Anschließend sei der Schütze in die Klasse gekommen und habe gerufen: "Revolution. Zerschlagt alles." Als sich niemand gerührt habe, habe der Täter auf den Fernseher und die Fenster geschossen, aber nicht auf die Schüler. Dann sei er hinausgerannt, sagte Vayrynen.

Finnen geschockt

Die Bluttat schockte Finnland, wo es bislang noch nie Berichte über eine Schießerei an einer Schule gab. Bei Gewalttaten kamen dort hauptsächlich Messer zum Einsatz, ein Todesopfer war noch nie zu beklagen.

Das Massaker von Mittwoch erinnert an den Amoklauf an der Columbine High School, wo am 20. April 1999 in Littleton im US-Staat Colorado zwei Jugendliche zwölf Klassenkameraden und einen Lehrer erschossen, bevor sie Selbstmord begingen. Eines der Videos, die "Sturmgeist89" online stellte, ist eine Hommage an die Attentäter von der Columbine Highschool, Dylan Krebold und Eric Harris.

Der finnische Ministerpräsident Matti Vanhanen sprach von einer "extrem tragischen" Situation und erklärte den kommenden Donnerstag zum Tag der nationalen Trauer. EU-Kommissionschef José Manuel Barroso erklärte in einer am Mittwochabend in Brüssel veröffentlichten Botschaft an Vanhanen, er sei "schockiert und tief bestürzt, von den furchtbaren Morden zu erfahren". Im Namen der Kommission sprach er den Angehörigen der Opfer "unser tiefempfundenes Beileid" aus.

(ap)
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