Kino-Amokläufer Holmes schweigt vor Gericht Mehr als 30 Granaten in Apartment platziert

Washington · Nach dem Amoklauf bei einer Kino-Premiere des neuen "Batman"-Films im US-Bundesstaat Colorado sind weitere Einzelheiten über das mit Sprengstofffallen gesicherte Apartment des mutmaßlichen Schützen ans Licht gekommen.

Der Todesschütze von Aurora vor Gericht
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Wie der Nachrichtensender CNN unter Berufung auf Polizeikreise berichtete, soll der 24-jährige Student James Holmes in seiner Wohnung mehr als 30 selbstgebaute Granaten und Behälter mit insgesamt fast 40 Litern Treibstoff platziert haben. Sprengstoffexperten hätten den Zündmechanismus mit Hilfe eines ferngesteuerten Roboters ausschalten können.

Bei einer Explosion wäre wohl das ganze Stockwerk zerstört worden, mutmaßte ein Behördenvertreter im Gespräch mit CNN. "Die Feuerwehr hätte bei ihrem Eintreffen ein Gebäude vorgefunden, dass vollständig in Flammen gestanden hätte."

Die Granaten waren demnach über Drähte mit einem Schaltkasten in der Küche verbunden. Die Box sei mittlerweile zur Untersuchung an Experten der Bundespolizei FBI geschickt worden. Die Polizei hatte am Samstag mitgeteilt, die von der Wohnung ausgehende Gefahr entschärft zu haben.

Eltern sprechen Opfern Mitgefühl aus

Unterdessen hat sich die Familie des mutmaßlichen Todesschützen James Holmes zu Wort gemeldet. Über eine Anwältin äußert sie ihr Mitgefühl für die Opfer. Der mutmaßliche Todesschütze von Colorado sagt vor Gericht kein Wort. Dafür äußert sich seine Familie. Die Eltern appellieren, der Fall solle vor Gericht und nicht in den Medien entschieden werden.

"Die Familie möchte bekräftigen, dass sie mit dem Herzen bei den Opfern und deren Familien ist", sagte die Anwältin Lisa Damiani am Montagabend (Ortszeit) im TV-Sender CNN. Damiani sprach in San Diego (Kalifornien), dem Wohnort der Eltern. Sie wollte aber nicht sagen, wo sich die Familie derzeit aufhalte. "Ich fürchte um ihre Sicherheit."

Dagegen zeigte ihr 24-jähriger Sohn bei seinem ersten Auftritt vor Gericht keine Regung - er wirkte seltsam abwesend und sagte kein Wort. Seine Haare hatte er flammend rot gefärbt. Holmes saß vollkommen teilnahmslos vor dem Richter. Er hatte sichtlich Mühe, die Augen offen zu halten. Er ließ bei der Anhörung seine Pflichtverteidiger sprechen.

Sie könne keine Angaben darüber machen, ob Holmes Medikamente einnehme, sagte Staatsanwältin Carol Chambers angesichts des Verhaltens des Verdächtigen bei dem Auftritt vor Gericht am Montag. Angehörige der Opfer beugten sich während der Anhörung in ihren Sitzen nach vorn, um einen ersten Blick auf den Verdächtigen zu erhaschen. Einige von ihnen starrten während der gesamten Anhörung auf Holmes.

Familie steht zum Täter

Chambers sagte, ihr Büro erwäge, die Todesstrafe für Holmes zu fordern. Eine Entscheidung darüber werde in Absprache mit den Angehörigen der Opfer getroffen. Die Todesstrafe kann im Bundesstaat Colorado bei besonders schweren Taten verhängt werden, dies geschieht aber nur sehr selten. Seit Wiedereinführung der Todesstrafe in den USA 1976 wurde dort nur ein Mal ein Todesurteil vollstreckt.

Anwältin Damiani sagte auf einer Pressekonferenz, Holmes Angehörige seien besorgt über die Möglichkeit eines Todesurteils. Auf die Frage, ob die Eltern zu dem Verdächtigen stünden, antwortete sie: "Ja, das tun sie. Er ist ihr Sohn."

Holmes soll bei einem Überfall auf ein Kino in Aurora (Colorado) zwölf Menschen getötet haben. Dutzende wurden verletzt. Seit seiner Festnahme unmittelbar nach dem Blutbad wird Holmes im Bezirk Arapahoe in einer Einzelzelle festgehalten. Neben einer Anklage wegen Mordes droht dem Verdächtigen auch eine Anklage wegen schwerer Körperverletzung und Verstößen gegen das Waffengesetz.

Der Verdächtige weigert sich nach wie vor, mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Bis das Tatmotiv klar sei, könnten Monate vergehen, sagte der Polizeichef von Aurora, Dan Oates.

Holmes isolierte sich zunehmend

Bis der Prozess beginnt, könnte es über ein Jahr dauern. Erst dann wird die Welt wohl erfahren, was den schüchternen Studenten der Neurowissenschaft zu der mutmaßlichen Tat bewogen haben könnte. Unvermittelt habe er sein Doktorandenstudium abgebrochen, heißt es. Er habe sich immer mehr in seiner Studentenwohnung isoliert.

Die Staatsanwaltschaft hat nun eine Woche Zeit, die "riesige Menge" an Beweisen zu prüfen, wie Chambers es ausdrückte. Dann muss die Behörde offiziell die Anklage einreichen. Schon jetzt kursieren viele Informationen in den Medien. Wenn sie stimmen, könnte Holmes das Massaker von langer Hand geplant haben. Doch wenn die Bilder vom Montag tatsächlich den Zustand des Mannes widerspiegelten, dann könne die Verteidigung psychische Probleme des 24-Jährigen geltend machen, sagte ein Psychiater dem TV-Sender CNN.

Dazu passen Berichte von einem Schießstand, bei dem sich Holmes jüngst um eine Mitgliedschaft beworben haben soll. Der Besitzer Glenn Rotkovich erzählte CNN, zwei Nachrichten von Holmes auf dem Anrufbeantworter gehabt zu haben. Seine Stimme sei "kehlig, sonderbar, unheimlich" gewesen. "Es hat mich so gestört, dass ich meinen Angestellten sagte, dieser Typ bekommt nichts, bis ich ihn persönlich treffe."

(dpa/dapd)
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