Alternatives Siedlungsprojekt verliert 2006 Sonderstellung Kopenhagen: Kuriosum Christiania soll "normaler" Stadtteil werden

Kopenhagen (rpo). In der dänischen Hauptstadt Kopenhagen gibt es einen Stadtteil, der als Freistaat eine Sonderrolle als selbstverwaltete Siedlung hat. Das ermöglicht es den Bewohnern von Christiania beispielsweise, frei und ungehindert mit Drogen zu handeln. Damit soll jedoch bald Schluss sein.

35 Jahre nach seiner Gründung soll Christiania seine Sonderstellung verlieren: Ab 2006 werde das auf einem verlassenen Kasernengelände errichtete alternative Wohnprojekt "ein Stadtteil wie jeder andere", teilten die dänischen Minister für Finanzen und Wirtschaft, Thor Pedersen und Bendt Bendtsen, am Freitag in Kopenhagen mit.

Christiania werde ab dem 1. Januar 2006 "offen für alle und frei von Drogen" sein sowie "die Gesetze des Königreichs respektieren". Das bedeute jedoch nicht, dass Christiania den anderen Vierteln von Kopenhagen völlig gleichen müsse, betonten die Minister. "Es wird immer einen Platz für diejenigen geben, die anders leben wollen", sagte Pedersen.

Das allerdings bezweifeln die Bewohner von Christiania, die entsetzt über die Pläne sind. Die Regierung will die dem Verteidigungsministerium gehörenden alten Kasernengebäude verkaufen; sie rechnet mit einem Erlös von fast 27 Millionen Euro. Alle Bewohner sollen künftig Miete zahlen. Bislang fallen lediglich monatlich 134 bis 215 Euro für Gemeinschaftskosten wie Müllabfuhr, Strom und Gas an.

Bendtsen betonte, das kreative Milieu Christianias solle nicht zerstört werden. Aber die "Vetternwirtschaft" müsse beendet werden. Die Siedlung dürfe "nicht nur ein Ort für Hippie-Rentner sein", sagte der Wirtschaftsminister. Es müsse auch Platz für benachteiligte Familien mit Kindern geben.

Christiania befindet sich auf einem Gelände der dänischen Armee, das 1971 verlassen und sofort von Hippies besetzt wurde. Seither wird die Siedlung als alternatives Wohnprojekt geduldet. Das System der kollektiven Selbstverwaltung, für das Christiania bekannt wurde, fällt nach der Umsetzung des Regierungsplans weg.

Die quasi staatliche Unabhängigkeit Christianias ermöglichte unter anderem den ungestörten Handel mit Drogen wie Haschisch, der Christiania zu einer Attraktion vor allem für jüngere Kopenhagen-Besucher machte. In den vergangenen zwei Jahren hatte die dänische Regierung jedoch ihren Druck auf die Bewohner erhöht und ein Ende des Drogenhandels verlangt.

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