Rätselhaftes Phänomen Knall reißt Anwohner in Berlin-Wedding aus dem Schlaf

Berlin · Der Knall ist eine Mischung aus Scheppern und Rumsen. Er beginnt mit einem tiefen Grollen und hebt an zu metallenem Reißen. Nachts, zwischen 23 Uhr und ein Uhr morgens, zerreißt er in Berlin-Wedding die Stille, schreckt Anwohner aus dem Schlaf und gibt ihnen Rätsel auf. Der Grund für den Lärm ist unbekannt.

Obwohl es seit Wochen - einige behaupten: seit Jahren - in dem nördlichen Stadtteil der Hauptstadt zu hören ist, weiß niemand, woher das Geräusch rührt.

"Unsere Gäste berichten von einem sehr lauten Knall", sagt Jennifer Roller, Mitarbeiterin im Hotel "Inn-Berlin" in der Weddinger Prinzenallee. Es sei laut wie ein riesiger Feuerwerkskörper - fast so, "als sprenge jemand eine Telefonzelle in die Luft", berichtet Roller. Der Knall tauche unregelmäßig auf, das aber seit Jahren.

Eine Nachfrage bei den zuständigen Behörden bleibt ergebnislos. Ihre Umweltämter sind gefragt, denn der Knall ist eine Lärmbelästigung. "Wir wissen nicht, woher der Knall kommt", heißt es im Bezirksamt Mitte. Auch das Amt im Nachbarbezirk Pankow winkt ab: "Lärmanzeigen zu dieser Thematik gibt es nicht", erklärt Umweltstadtrat Torsten Kühne (CDU). Es lägen außerdem keine Erkenntnisse vor, dass die Lärmquelle in Pankow liege.

Kommen noch die Berliner Verkehrsbetriebe in Frage: Das Grollen könnte auch unter der Erde in den Tunneln und Gängen der U-Bahn oder an den Schienen der Straßenbahn seinen Ursprung haben. Doch die Verkehrsbetriebe weisen eine Verantwortung zurück. "Wir knallen da nicht", sagt ein Sprecher, der selbst auch in der Gegend lebt und den Knall regelmäßig hört. Schließlich erklärt auch die Polizei, sie könne nicht ermitteln, weil der Knall keine Straftat sei.

So viel Nicht-Zuständigkeit hat die Berliner Boulevardmedien auf den Plan gerufen, die der Ursache des Knalls jetzt auf den Grund gehen wollen. Die "Bild"-Zeitung postierte eine so genannte akustische Kamera mitsamt einem Ingenieur auf einem Weddinger Balkon und veröffentlichte das Video auf YouTube. Die Kamera zeichnete tatsächlich ein Geräusch auf. Doch außer einem bunten Bild, das wie ein "Plop" auf dem Monitor auftauchte, konnte "Bild" den Grund für das Geräusch nicht weiter erhellen.

Ein Reporter des Sat1-Frühstückfernsehens begab sich mit dem Vorsitzenden des Vereins Berliner Unterwelten, Dietmar Arnold, in eine unterirdische Tiefgarage, in der nach Arnolds Auffassung jemand die mysteriösen Explosionen verursacht. "Es ist die einzige Stelle, wo man so etwas anstellen kann", sagte Arnold zu Sat1. Doch eine Aufzeichnung des Knalls ließ diese Spur platzen. Der Knall kam von einem Ort weit hinter der Tiefgarage.

Kein Wunder, dass die Spekulationen blühen. Von nächtliche Schießübungen der Polizei über geheime Techno-Partys bis hin zu Spielereien mit Schreckschusspistolen reichen die Vermutungen.

Ein YouTube-Video über den Knall hat eine Diskussion im Internet ausgelöst. Eine Nutzerin stellt den Knall in Zusammenhang mit anderen so genannten Strange Sounds (deutsch: merkwürdigen Geräuschen), die weltweit existieren und nicht geklärt werden können. Diese Phänomene werden gelegentlich sogar in Zusammenhang mit Außerirdischen gestellt. Und auch die Nutzerin orakelt: "Nicht alle Videos sind Fake ...".

Der jüngste Kommentator klagt, das Geräusch sei so laut, als würde ein Panzer vor dem Altbaufenster des Schreibers schießen. Berlin sei eben ein Pulverfass, lautet das Fazit, das er resigniert zieht.

(AFP)
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