Reaktion auf weltweite Proteste Iran überprüft geplante Steinigung

Teheran (RPO). Offenbar kann die zur Steinigung verurteilte Iranierin Sakine Mohammadi Aschtiani vorerst aufatmen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters hat der Iran ihre Bestrafung vorerst gestoppt. Behörden sollen den Fall noch einmal prüfen. Das Schicksal der Mutter zweier Kinder hatte weltweit für Empörung gesorgt.

 Sakineh Mohammadi Ashtiani soll im Iran gesteinigt werden. Sie könnte begadigt werden, heißt es jetzt.

Sakineh Mohammadi Ashtiani soll im Iran gesteinigt werden. Sie könnte begadigt werden, heißt es jetzt.

Foto: Amnesty International, AP

Die Strafe der wegen Ehebruchs verurteilten Frau werde von den Behörden geprüft, teilte das Außenministerium am Mittwoch mit. Ob der Iran in dem verfahren vollständig einlenken wird, bleibt höchst fraglich. Noch am Dienstag war das Land der internationalen Kritik mit Spott begegnet. Fest steht: Die Beziehungen zum Westen sind schwer belastet.

Dazu beigetragen hatte auch, dass sich auch die Frau des französischen Präsidenten, Carla Bruni, für Aschtiani eingesetzt hatte. Sie wurde daraufhin von einer iranischen Zeitung als Prostituierte geschmäht, die den Tod verdient habe.

Ihr Schicksal sorgt nicht nur in Frankreich für Empörung: Aschtiani, 43-jährige Mutter zweier Kinder, wurde 2006 für einen angeblichen Ehebruch in ihrer Heimat zum Tode durch Steinigen verurteilt. Die Vollstreckung des Urteils war nach internationalen Protesten im Juli schon einmal verschoben worden. Bis zum Mittwoch Vormittag befürchteten viele, dass die Exekution unmittelbar bevorstehen könnte.

Aschtianis Sohn, Sajjad Ghaderzadeh, und einer ihrer Anwälte, Javid Houtan Kian, warnten zuletzt, dass das Todesurteil mit Ablauf des islamischen Fastenmonats Ramadan zum Ende dieser Woche vollstreckt werden könnte. Während des für die Muslime heiligen Monats werden im Iran traditionell keine Todesurteile vollzogen. Daraufhin kam es erneut zu zahlreichen Appellen an die iranische Führung, Aschtiani zu verschonen.

Das in Straßburg tagende EU-Parlament drückte seine Unterstützung für die Iranerin aus, einige Abgeordnete trugen T-Shirts, auf denen ihr Bild und der Schriftzug "Rettet Sakine" gedruckt waren. Am Mittwoch verabschiedete das Parlament eine Resolution zu ihren Gunsten.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte, er sei "entsetzt" über das Urteil, das "unbeschreiblich barbarisch" sei. Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner kündigte an, er wolle gegebenenfalls persönlich nach Teheran reisen, um Aschtiani zu retten. Er hatte zuvor bereits einen gemeinsamen Brief aller EU-Mitgliedsstaaten angeregt, um durch verstärkten Druck den Iran zum Einlenken zu bewegen. Auch der Vatikan hat sich des Falls angenommen. Ein Sprecher in Rom erklärte, dass der Vatikan die Angelegenheit sehr aufmerksam und mit Engagement verfolge und seine diplomatischen Kanäle einsetze.

Fraglich ist allerdings, ob der internationale Druck bei der iranischen Justiz am Ende nur zu einem vorübergehende Einlenken oder eher zu einer Trotzreaktion führt. Ein Sprecher des iranischen Außenministeriums reagiert noch am Dienstag betont kühl auf die Vorwürfe. Aschtiani habe sich wegen Mordes und ehelicher Untreue verantworten müssen, der Fall solle nicht mit den Menschenrechten in Verbindung gebracht werden, sagte er. Europäer, die die Ansicht verträten, dass Freiheit für Mörder den Menschenrechten diene, sollten die Mörder aus ihren eigenen Gefängnissen freilassen, fügte er hinzu. Mitte August hatte das iranische Staatsfernsehen ein angebliches Geständnis Aschtianis ausgestrahlt. Ihr Anwalt erklärte jedoch, es sei durch Folter erzwungen worden.

Tatsächlich herrscht über die genaue Strafe, die Aschtiani droht, Unklarheit. Die Verwirrung zeugt daher, dass sie auch der Beihilfe zum Mord an ihrem Ehemann bezichtigt wird, eine Straftat, auf die im Iran normalerweise die Exekution durch den Strang steht. Die zunächst ausgesetzte Vollstreckung der Steinigung wegen Ehebruchs ist nach der Interpretation einiger westlicher Beobachter inzwischen vom Tisch. So erklärte der italienische Außenminister Franco Frattini nach einem Treffen des italienischen Botschafters in Teheran mit den dortigen Behörden, dass die Steinigung seinem Verständnis nach nicht mehr stattfinden werde. Dagegen betonte der Anwalt Aschtianis, dass selbst die Steinigung jederzeit stattfinden könne, da die Hinrichtung zwar verschoben, aber nicht aufgehoben worden sei.

Eine weitere bizarre Wendung nahm der Fall zu Wochenbeginn mit Meldungen, wonach Aschtiani im Gefängnis 99 Peitschenhiebe erhalten haben soll, weil sie auf einem in der Londoner Zeitung "Times" abgedruckten Foto "unzüchtig" ohne Kopftuch abgebildet worden sei. Doch nun stellte sich heraus, dass es sich bei der abgebildeten Frau gar nicht um die Verurteilte handelte. Und auch hinsichtlich der Auspeitschung besteht keine Gewissheit. Die iranischen Behörden haben die Prügelstrafe nicht bestätigt. Aschtianis Anwalt gab an, er habe die Information der Auspeitschung von einem inzwischen freigelassenen Häftling aus dem Gefängnis, in dem auch Aschtiani einsitzt. Er habe aber keinerlei direkten Kontakt mit der Verurteilten, räumte der Verteidiger ein.

(RTR/pst)
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