Schwerer Alkoholismus im Reservat Indianerstamm verklagt Brauereien

Washington · Bei den Oglala-Sioux im US-Bundesstaat South Dakota grassiert der Alkoholismus. Die Indianer-Gemeinschaft verklagt nun Brauereien auf eine halbe Milliarde Dollar. In dem Reservat ist der Konsum von Alkohol bereits seit 1832 verboten.

 Ein Häuptling der Oglala Sioux bei einem Stammestreffen in Pine Rige.

Ein Häuptling der Oglala Sioux bei einem Stammestreffen in Pine Rige.

Foto: dpa, Mike Nelson

Seit 180 Jahren ist Alkohol im Indianerreservat Pine Ridge (US-Bundesstaat South Dakota) strikt verboten. Dennoch kämpfen die dort lebenden Oglala-Sioux mit den Folgen chronischer Alkoholabhängigkeit vieler Stammesmitglieder. Nach Jahren erfolglosen Protests und Einredens auf Politiker verklagt der Stamm nun einige der weltweit größten Bierbrauereien sowie Spirituosenhändler.

Nach Meinung der Oglala-Sioux haben die Unternehmen wissentlich zum Alkoholkonsum und seinen Folgen in Pine Ridge beigetragen. "Wir sind ein souveräner Staat und handeln wie die US-Regierung in ihren verschiedenen Klagen gegen die Tabakkonzerne", sagt John Yellow Bird Steele, Präsident der Oglala-Sioux.

Der Stammesrat habe der Klage zum Schutz der Jugend zugestimmt, so Steele. Die Indianer wollen von den Brauereien 500 Millionen Dollar (380 Millionen Euro) Kompensation für Gesundheitsschäden und andere Folgen. "Der Alkohol zerstört unsere Gemeinschaft", sagt Steele. Vier von fünf Familien kämpfen laut der Klageschrift mit Alkoholismus.

Das Reservat, rund zehnmal so groß wie Berlin, umfasst einige der ärmsten Landstriche der USA. Die Lebenserwartung liege in der Stammesgemeinschaft "zwischen 45 und 52 Jahren", heißt es in der Klageschrift - und damit weit unter dem US-Durchschnitt von 77,5 Jahren. Jedes vierte Kind leide an Spätfolgen wegen des Alkoholkonsums von Frauen während der Schwangerschaft.

Der Verkauf und Konsum von Alkohol ist in dem Reservat seit 1832 verboten. Doch wer trinken will, muss nur die nahe Grenze zu Nebraska überschreiten: Dort finden sich im winzigen Dorf Whiteclay, das nur eine handvoll Einwohner hat, gleich vier Getränkeläden. Die Händler hätten allein 2010 zusammen fast fünf Millionen Dosen Bier verkauft, also mehr als 13 000 pro Tag, sagt der Anwalt des Stammes, Tom White.
Der Großteil gelange ins Indianerreservat.

"Ich habe den Gouverneur und die Abgeordneten Nebraskas getroffen, doch die sind alle machtlos", sagt Stammespräsident Steele. Für die Oglala-Sioux sei das auch finanziell ein großes Problem: "95 Prozent der Kosten unseres Gesundheitssystems und 90 Prozent der Fälle vor Gericht sind auf Alkoholismus zurückzuführen."

In ihrer Verzweiflung, so die Argumentation, bleibe ihnen nur noch der Weg über die Justiz. Die Bierbrauer und Händler täten nichts, um den Alkoholschmuggel zu unterbinden. "Es ist, als gebe man einer Person einen Baseballschläger in die Hand - wohlwissend, dass er damit gleich jemandem eins über den Schädel geben wird", sagt White. "Sie wissen genau, welche Konsequenzen ihre Profitmacherei für die Gemeinschaft hat."

Die verklagten Unternehmen und Ladenbesitzer nehmen zu den Vorwürfen keine Stellung. "Wir kommentieren diese Klage nicht", heißt es beim Unternehmen SAB Miller. Auch Anheuser-Busch, Molson Coors, Miller Coors und Pabst Brewing Company stehen im Visier. Ob die Klage, die vor dem Bundesgericht in Nebraska eingereicht wurde, überhaupt Erfolg haben kann, darüber sind Juristen uneins.

Frank Pommersheim, Rechtsprofessor an der Universität South Dakota, glaubt nicht daran. "Es besteht kein Zweifel, dass das Handeln in Whiteclay unglaublichen Schaden anrichtet", sagte er der Zeitung "USA Today". "Doch die Frage ist, ob die Forderungen vor einem Bundesgericht einklagbar sind." Sein Kollege Thomas Horton dagegen sagte dem Blatt, dass die Klage durchaus ernst zu nehmen sei. "Ich glaube, das wird ein spektakulärer Kampf."

(dpa)
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