Unwetter in Istanbul fordert 31 Tote Illegale Bauten begünstigen tödliche Flut

Istanbul (RP). Die schwersten Regenfälle seit vielen Jahren verursachten ein Chaos in der türkischen Metropole. Eine Stadtautobahn verwandelte sich in einen reißenden Fluss. Mindestens 31 Menschen starben. Politiker räumen ein, dass verfehlte Stadtplanung das Desaster begünstigt habe.

Unwetter: Das Ausmaß der Zerstörung
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Die Einwohner von Istanbul können sich an solche Regenfälle nicht erinnern. Mindestens 31 Menschen starben in den vergangenen zwei Tagen, etwa 20 von ihnen wurden von einer gewaltigen Flutwelle in den Tod gerissen.

Die Gefahr weiterer Überschwemmungen ist noch nicht gebannt: Für Freitag und Samstag sagten Meteorologen eine Fortdauer der heftigen Regenfälle voraus.

"Schlimmste Katastrophe seit Jahren"

Am Mittwoch fielen bis zu 90 Liter Wasser in einer Stunde pro Quadratmeter und verwandelte den Weg zur Arbeit in eine gefährliche und für einige von ihnen tödliche Falle. Weil Abflusskanäle, Flüsse und Kanalisation die Regenmassen nicht mehr aufnehmen konnten, wurde zum Beispiel die vierspurige Stadtautobahn in Ikitelli zu einem zwei Meter tiefen Fluss mit reißender Strömung.

Dutzende von Autofahrern retteten sich durch die Fenster ihrer Fahrzeuge auf das Dach und warteten dort auf Hilfe. Den verlässlichsten Schutz boten die schweren grünen Busse der städtischen Verkehrsbetriebe — sie blieben auch in der reißenden Strömung stehen, während andere, leichtere Fahrzeuge weggespült wurden.

"Die schlimmste Katastrophe seit Jahren" habe die Stadt heimgesucht, sagt Gouverneur Muammer Güler. Vom Katastrophenschutz-Zentrum der Stadt aus dirigiert Güler die Rettunsgarbeiten, hunderte von Männern und Fahrzeugen, dazu Hubschrauber der Armee und der Küstenwache sind im Einsatz. Sie können viele Menschen retten, aber nicht alle.

Warum es so viele Tote sind, versteht man, wenn man sich anschaut, was auf einem Parkplatz für Lastwagen in Ikitelli geschehen ist. Der Parkplatz liegt in unmittelbarer Nähe eines Kanals — als das Wasser stieg, schliefen die Fahrer in ihren Trucks und wurden zusammen mit den tonnenschweren Fahrzeugen fortgerissen. In der Nähe ertranken sieben Arbeiterinnen im Werksbus eines Textilbetriebes. Sie schafften es nicht mehr aus dem Bus heraus.

Plünderer räumen Fahrzeuge aus

Mit den Räumfahrzeugen erschienen am Morgen auch die ersten Plünderer am Ort des Geschehens. Fernsehbilder zeigen, wie sie Porzellan, Jagdgewehre, Elektrogeräte und andere Güter aus liegen gebliebenen Fahrzeugen räumen. Die Szenen erinnern an die Tage nach der Flutkatastrophe durch den Hurrikan Katrina in New Orleans vor vier Jahren. Und der Alptraum ist möglicherweise noch nicht vorüber. Bürgermeister Kadir Topbas zitiert Meteorologen, die ab morgen weitere schwere Regenfälle voraussagen.

Bei der Suche nach den Gründen für das Desaster werden Topbas und andere Politiker rasch fündig: der weltweite Klimawandel ist schuld. Allerdings muss sich Topbas den Vorwurf gefallen lassen, lange Zeit bei der Errichtung illegaler Gebäude — auch in potenziellen Flutungsgebieten — beide Augen zugedrückt zu haben.

Umweltminister Veysel Eroglu räumt ein, dass in den vergangenen Jahren viel falsch gemacht wurde. "Wir brauchen entschiedene Gegenmaßnahmen", so der Minister. Es wird sich zeigen, ob er Taten folgen lässt.

(RP)
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