Cleveland-Opfer Michelle Knight über ihre Gefangenschaft "Ich war gefesselt wie ein Fisch"

Washington · Knapp ein halbes Jahr ist es her, dass sich drei junge Frauen aus den Fängen des Cleveland-Entführers Ariel Castro befreien konnten. In einem TV-Interview gibt eines der Opfer, Michelle Knight, erstmals Details ihrer elfjährigen Gefangenschaft preis. Es ist ein emotionaler Auftritt, der auch den Moderator nicht kalt lässt.

 Michelle Knight in der "Dr. Phil"-Talkshow.

Michelle Knight in der "Dr. Phil"-Talkshow.

Foto: Screenshot Youtube/CNN

Am Dienstag wurde der erste Teil des Interviews in der "Dr. Phil"-Talkshow ausgestrahlt, am heutigen Mittwoch folgt Teil zwei. Der TV-Sender CNN zeigt auf seiner Webseite Ausschnitte aus der Sendung und dokumentiert die Aussagen der heute 32-Jährigen, die elf Jahre lang in jenem Haus in Cleveland gefangen gehalten wurde. Die junge Frau sitzt mit verschränkten Beinen auf einer Couch, die Haare trägt sie inzwischen rot gefärbt, ihre Brille hat sie neben sich gelegt.

Dann berichtet sie von den Torturen, denen sie durch Ariel Castro ausgesetzt war. Jenem Mann, der sie mit 21 Jahren entführt hat und danach auch Amanda Berry und Gina DeJesus. Jenem Mann, der lebenslang hinter Gitter sollte, aber schließlich erhängt in seiner Zelle aufgefunden wurde. Michelle Knight war die erste der drei Frauen, die Castro in sein Haus gelockt hatte — mit dem Versprechen, er habe Hundebabys dort und sie könne eines für ihren Sohn mitnehmen, wie die junge Frau in dem Interview sagt.

Gefesselt an einer Stange im Keller

Das war im Jahr 2002. Schnell habe sie gemerkt, dass das mit den Hundebabys nicht stimme, aber da habe sie Castro bereits in einen der oberen Räume geschleppt und sie gefesselt. Später habe er sie in den Keller gebracht. "Ich war gefesselt wie ein Fisch", erzählt sie in der Talkshow, sie sei an Füßen, Armen und im Genick gefesselt gewesen — und das die meiste Zeit über. Es ist der Moment, in dem auch der Moderator nur noch ausrufen kann: "Oh mein Gott."

Sie sagt, sie erinnert sich noch genau, wie Castro sie gewarnt habe, als er sie an eine Metallstange im Keller fesselte und ihr ein Seil um den Hals gelegt habe. Er habe gesagt: "Wenn ich das jetzt zu fest mache und du es nicht durchhältst, dann bedeutet das, du sollst nicht hier bleiben. Das bedeutet, das Gott dich mitnehmen will." An dieser Stange habe sie oft Tage verbracht, unfähig, sich hinzulegen und einen Motorradhelm über ihrem Kopf. Der habe es ihr schwer gemacht zu atmen.

Michelle Knight erzählt auch, dass sie nicht immer versucht habe, sich zu wehren — zum Schlusaber mehr als am Anfang. Sie sagt, sie sei zunächst zu schockiert gewesen über die Tatsache ihrer Entführung. "Alles, was ich tun konnte, war zu weinen und ihn zu bitten, mich zu meinem Sohn zurück zu lassen." Man sieht der jungen Frau deutlich an, wie tief die Erinnungen sich in ihr eingegraben haben. Manchmal schaut sie abwesend vor sich hin, als sehe sie die Bilder direkt vor sich. Dann vergießt sie bittere Tränen angesichts der Folter, des Hungerns, der Schläge, die sie ertragen musste.

Castro brach einem Hund das Genick

Castro habe ihr auch von seinen Plänen erzählt, weitere Frauen zu entführen. Sie habe ihn gebeten, dass nicht zu tun. Dann kam Berry. "Manchmal wollte sie weinen, und ich sagte ihr, alles würde gut werden und dass wir eines Tages heim kämen." Doch sie selbst hatte gesehen und am eigenen Leibe zu spüren bekommen, zu was der Entführer von Cleveland fähig war.

Einmal habe er einen Hund getötet, in dem er sein Genick brach. Sie selbst habe er fast nackt in einen Kühlraum gesteckt. Ein anderes Mal hat er sie mit einer Hantel in den Bauch geschlagen, nachdem er erfahren habe, dass sie schwanger sei. "Ich fiel auf den Boden...Er sagte: 'Morgen wird es besser sein.' Das war alles, was er sagte." Dann aber, als sie das Kind verlor, habe er ihr die Schuld dafür gegeben und sie ins Gesicht geschlagen.

Ihre Kraft, erzählt die 32-Jährige in dem Interview, habe sie aber auch daraus gezogen, dass sie ihren Sohn wiedersehen wollte. "Ich wollte, dass mein Sohn weiß, dass ich ein Sieger und kein Opfer bin", sagte sie. "Und ich wollte, dass er weiß, dass ich überlebt habe, ihn liebe. Seine Liebe half mir durch diese Zeit."

(das)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort