Notstand für Region erklärt Mächtiger Hurrikan „Ian“ nähert sich Florida - Große Schäden erwartet

Tampa · Hurrikan Ian hat mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 250 Kilometern pro Stunde und einer Sturmflut die Südwestküste von Florida erreicht. Die dicht besiedelte Region gilt als eine der gefährdeten der Welt.

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So verheerend wütete Hurrikan „Ian“ auf Kuba und in den USA

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Foto: AP/Wilfredo Lee

Der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, und US-Präsident Joe Biden haben angesichts der drohenden Katastrophe an der tief liegenden Küste am Golf von Mexiko seltene Einigkeit demonstriert. Angesichts der Bedrohung durch den Kategorie-Hurrikan Ian schien der bittere Streit um die von dem Republikaner organisierten Charterflüge mit Asylbewerbern

nach Martha’s Vineyard in ferner Vergangenheit zu liegen.

„Es geht um die Menschen in Florida“, erklärte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, zu der demonstrativen Kooperation des Präsidenten mit DeSantis, der im November zur Wiederwahl antritt. Biden sagte wegen Hurrikan „Ian“ Wahlkampfauftritte in Orlando und Fort Lauderdale ab, während DeSantis die betroffenen Küstenbewohner auf den Ernstfall vorbereitete.

„Das ist ein großer, großer Sturm“, erklärte der Gouverneur zu dem Hurrikan, der am Mittwochabend südlich des Großraums von Tampa auf Land treffen sollte. Entlang der Küste erteilten die Behörden Evakuierungsbefehle für rund 2,5 Millionen Menschen. Roger Glaim hat in seinem Leben schon genügend Wirbelstürme gesehen, um den Anweisungen Folge zu leisten. „Mir ist es lieber, wenn mein Haus ohne mich weggeblasen wird als Mut uns“, sagt der 92-jährige aus Sarasota einem Reporter vor Ort.

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Foto: dpa/Uncredited

Claim ist allerdings nicht alt genug, sich an den Jahrhundertsturm zu erinnern, der 1921 die Küstenregion um Tampa verwüstete. Seitdem gab es immer wieder weniger kraftvolle Stürme, aber Hurrikans zogen an der Bucht der zweitgrößten Metropole Floridas in aller Regelmäßigkeit vorbei.

Auch „Ian“ drehte in letzter Minute nach Osten ab und sollte etwas südlich auf Land treffen. Gleichwohl bedrohte er die Küstengebiete rund um Tampa wegen ihrer flachen Gewässer aber mit massiven Überschwemmungen. Es waren Sturmfluten bis zu vier Meter über Normal erwartet worden. Der Klimawissenschaftler David S. Nolan von der University of Miami sagt, die Probleme hätten „mit der sehr speziellen Geometrie der Bucht zu tun“.

Laut eines Katastrophen-Modells des Beratungsunternehmens „KarenClark & Co“ aus dem Jahr 2015 gilt der Großraum Tampa als die gefährdetste Region für Sturmfluten in den USA. Wegen der dichten Besiedlung sei mit Schäden von bis zu 175 Milliarden US-Dollar zu rechnen. Ein Grund, warum sich viele Versicherer aus dem Südwesten zurückgezogen haben, und Hausbesitzer - wenn überhaupt - nur noch eine Police der staatlichen „Citizens Property Insurance“ erwerben können. Deren Prämien sind für viele unerschwinglich.

Alice Hill, die Barack Obama im Weißen Haus beim Thema Klimakatastrophen beriet, sagt, die Konsequenz seien mehr Küstenbewohner, die es riskierten, ohne Versicherung zu leben. „Viele verstehen nicht, dass der Klimawandel immer größere Katastrophen erzeugt“.

Die Situation hat sich seit 2015 entlang der von Hurrikan Ian betroffenen Küste nur weiter verschärft. Während der Pandemie nahm der Zuzug aus anderen Teilen der USA dramatisch zu. Mehr Menschen zogen an die weißen Strände von Siesta Key oder St. Pete auf der Küste vorgelagerten Inseln, die das Festland ursprünglich einmal vor der Sturmflut schützten und nun dicht bebaut sind.

Mit steigenden Immobilien- und Grundstückpreisen machte die Bauwut trotz der Probleme, die Objekte versichern zu können, keinen Halt vor flutgefährdeten Lagen. Entwickler im Großraum Tampa überlegen, in Überflutungsgebieten, die eine jährliche Chance von 1:100 haben, überschwemmt zu werden, Mehrfamilien-Siedlungen zu bauen.

 Ein Bewohner des Viertels El Fanguito auf Kuba trägt eine Matratze an einen sicheren Ort, um sich auf die Ankunft des Hurrikans „Ian“ vorzubereiten.

Ein Bewohner des Viertels El Fanguito auf Kuba trägt eine Matratze an einen sicheren Ort, um sich auf die Ankunft des Hurrikans „Ian“ vorzubereiten.

Foto: dpa/Ramon Espinosa

„Dieser Sturm könnte die Bank sprengen“, spekuliert Kathy Baughman McLeod von der Denkfabrik „Atlantic Council“ gegenüber Politico über die finanziellen Konsequenzen von Hurrikan „Ian“. US-Präsident Biden erklärte für die Region den Notstand und machte damit den Weg frei für Bundesmittel. In Telefonaten sicherte er den Bürgermeistern der Städte St. Petersburg, Clearwater und Tampa jede erdenkliche Unterstützung zu. „Wir haben eine Menge Leute vor Ort und werden helfen, wie wir nur können.“

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