Gefängnisse sind überbelegt Dänemark will 300 Häftlinge nach Kosovo verlegen

Kopenhagen · In Dänemark wird der Platz in Gefängnissen knapp. Mit dem Kosovo will das Justizministerium daher einen Deal eingehen, von dem das Balkanland auch umweltpolitisch profitieren soll. Es gibt jedoch auch Kritik.

 Ein Blick auf das 300-Zellen-Gefängnis in Gjilan, 50 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Pristina im Kosovo.

Ein Blick auf das 300-Zellen-Gefängnis in Gjilan, 50 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Pristina im Kosovo.

Foto: dpa/-

Dänemark will für 300 Häftlinge Zellen im Kosovo anmieten und damit die Überbelegung seiner Gefängnisse mindern. Im Gegenzug solle das Balkanland im Rahmen einer auf zehn Jahre angelegten Vereinbarung 210 Millionen Euro erhalten, teilte das dänische Justizministerium mit. Das Geld soll in die Modernisierung des Strafvollzugssystems und in Projekte zur Förderung erneuerbarer Energien im Kosovo fließen. Für kommende Woche ist die Unterzeichnung einer Absichtserklärung beider Seiten geplant, ein entsprechendes Abkommen soll Anfang kommenden Jahres unterschrieben werden. Dann müssen die Parlamente beider Länder es noch ratifizieren.

Eine dänische Forschungsstudie habe ergeben, dass die kosovarischen Justizvollzugsanstalten die „beste Infrastruktur in der Region und auch die Kapazität haben, 300 Insassen aufzunehmen“, erklärte Eris Hana, ranghoher Rechtsberater im kosovarischen Justizministerium. Er gehörte dem Team der Unterhändler an, die den Deal einfädelten.

Am Freitag sprach der dänische Justizminister Nick Hækkerup von einer „bahnbrechenden und historischen Vereinbarung, die Platz in unseren Gefängnissen schaffen und den Druck auf unsere Gefängniswärter vermindern wird“. Die Kapazität im dänischen Strafvollzug werde um 326 neue Plätze in bestehenden Haftanstalten ausgeweitet.

Der kosovarische Strafvollzug hat eine Kapazität von bis zu 2000 Gefängniszellen, davon sind rund 400 noch unbelegt. Geplant ist, dass mit 300 Zellen ausgestattete Gefängnis in der rund 50 Kilometer südöstlich von der Hauptstadt Pristina gelegenen Gemeinde Gjilan mit Insassen aus Dänemark zu füllen, wie Berater Hana erläuterte. Die Leitung soll ein dänischer Gefängnisdirektor übernehmen, dem ein albanischer Kollege sowie ein Team aus ortsansässigen Wärtern an die Seite gestellt werden soll.

Die Gegenleistung umfasst finanzielle Hilfe für den Aufbau grüner Energien im Kosovo. Dessen Energiesystem, das vollständig auf der Kohleförderung beruht, steckt in der Krise. Es deckt nur 60 Prozent des Tagesverbrauchs ab, was Kürzungen bei der täglichen Versorgung zur Folge hat.

Im Kosovo regte sich aber auch Kritik an dem Deal mit Dänemark. Wenn rund 200 Insassen aus dem Gefängnis in Gjilan verlegt werden müssten, um Platz für die dänischen zu schaffen, führe dies naturgemäß zur Überbelegung in anderen Haftanstalten im Balkanland, wandte Fatmira Haliti vom kosovarischen Rehabilitationszentrum für Folteropfer ein. Die Nichtregierungsorganisation überwacht das Strafvollzugssystem des Landes. Trotz systemischer Verbesserungen und einiger neuer Einrichtungen lasse der Strafvollzug im Kovovo noch viel zu wünschen übrig und lasse sich mit jenem in Dänemark kaum vergleichen, rügte Haliti.

Hana versicherte, dass bei den Verhandlungen keine Eile herrsche und jedes Detail berücksichtigt werde. Die dänische Delegation habe zudem Investitionen in die kosovarische Infrastruktur verlangt. Man wolle die gleichen Gefängnisstandards wie in Dänemark schaffen - „und wir werden das erreichen“, versprach Hana.

(mcv/dpa)
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