US-Gouverneur begnadigt Frau Gefängnis-Entlassung gegen Nierenspende

Jackson/USA (RPO). Gladys Scotts Freiheit hat einen Preis: eine ihrer Nieren. Die müsse die 38-Jährige ihrer an Nierenversagen leidenden Schwester spenden, ordnete der Gouverneur des US-Staats Mississippi in den Entlassungspapieren an.

Jackson/USA (RPO). Gladys Scotts Freiheit hat einen Preis: eine ihrer Nieren. Die müsse die 38-Jährige ihrer an Nierenversagen leidenden Schwester spenden, ordnete der Gouverneur des US-Staats Mississippi in den Entlassungspapieren an.

Doch Gouverneur Haley Barbours Entscheidung wirft eine Menge Fragen auf. Was etwa passiert mit Gladys, wenn Tests ergeben, dass ihre Schwester ihr Gewebe nicht vertragen würde? Müsste sie zurück ins Gefängnis?

Die Begnadigung der beiden Schwestern wurde allgemein begrüßt. Ohnehin empfanden viele die lebenslangen Haftstrafen für den gemeinsamen begangenen bewaffneten Raubüberfall der beiden Afroamerikanerinnen, bei dem sie elf Dollar erbeuteten, als übertrieben. Nach 16 Jahren im Gefängnis hat Gouverneur Barbour die Dialysepatientin Jamie Scott nun aufgrund ihres Gesundheitszustandes begnadigt. Ihrer Schwester gab er jedoch die Auflage mit, ihr innerhalb eines Jahres eine ihrer Nieren zu spenden.

Die Idee der Nierenspende stammt von Gladys selbst. Ihr das allerdings zur Auflage für ihre Begnadigung zu machen, halten einige für problematisch, so auch Arthur Caplan, Direktor des Zentrums für Bioethik an der University of Pennsylvania. Er beschäftigt sich seit rund 25 Jahren mit den ethischen und rechtlichen Folgen von Organtransplantationen. Doch von einem Fall wie dem der Scotts habe er noch nie gehört, sagt er.

Wer sich freiwillig meldet, kann einen Rückzieher machen

Es sei illegal, Organe zu kaufen oder zu verkaufen und Menschen zur Organspende zu zwingen, sagt Caplan. "Wenn man sich freiwillig dafür meldet, eine Niere abzugeben, hat man normalerweise bis zur letzten Minute die Option, es sich anders zu überlegen", sagt er. "Wenn man es allerdings an die Bedingung knüpft, dass man andernfalls zurück ins Gefängnis geht, ist das ein ziemlicher Anreiz."

Darüber, was passieren würde, wenn Gladys es sich anders überlege, mache man sich im Büro des Gouverneurs noch keine Gedankten, sagt Sprecher Dan Turner. "Wir beschäftigen uns damit, wenn es so weit ist." Nach seiner Auffassung bestehe kein Zweifel daran, dass Gladys die Niere spenden werde.

Doch steht noch nicht einmal fest, ob Gladys Niere Jamie überhaupt helfen könnte. Zwar sind ihre Blutgruppen kompatibel, doch genauere Gewebetests stehen noch aus. Ob Gladys bei einer Unverträglichkeit wieder ins Gefängnis muss, ist bislang unklar. "Die Idee wurde nicht vom Büro des Gouverneurs aufgebracht. Es handelt sich hierbei nicht um ein auf Gegenleistungen basierendes Geschäft", sagt Turner.

Eine Nierenspende an sich ist rein rechtlich kein Problem, sagt George Cochran, Professor an der Juristischen Fakultät der University of Mississippi. "Jeder hat das verfassungsmäßige Recht auf körperliche Unversehrtheit, aber wenn man sich bereit erklärt, ein Organ zu spenden, gibt man dies auf", sagt der Verfassungsrechtsexperte.

"Handel Freiheit gegen Niere"

Doch Begnadigung und Organspende hätten nicht verknüpft werden sollen, sagt Michael Shapiro, Chef der Organtransplantation am Universitätskrankenhaus der Hackensack Universität im US-Staat New Jersey. Er ist außerdem der Vorsitzende des Ethikrats der Organisation United Network for Organ Sharing. "Die einfache Antwort ist, dass man niemandem seine Niere abkaufen darf", sagt er. "Wenn der Gouverneur jemandem 20 Jahre für seine Niere anbietet, könnte das eine Rechtsverletzung sein." Man könne es so verstehen, dass Gladys ein Handel - Freiheit gegen Niere - angeboten werde, was gegen das Organhandelsverbot verstieße.

Dass ein Gouverneur Strafgefangenen bei der Begnadigung Auflagen macht, ist in den USA gängige Praxis. Auch ungewöhnliche Auflagen, wie etwa den Staat zu verlassen und nie wieder zurückzukehren gab es bereits. Doch Barbours Auflagen sind bislang einzigartig. Der Abgeordnete George Flaggs zweifelt allerdings nicht an den Motiven des Gouverneurs. Barbour wolle die Frauen "nicht nur aus dem Gefängnis entlassen, sondern ihr Leben retten", sagt er. "Wenn sie keine Niere erhält, stirbt sie.

(apd/csh)
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