Krawalle nach Fußball-Urteilen in Kairo Gebäude brennen, ein Mensch stirbt

Kairo · Wer hat Ägyptens schlimmste Fußballtragödie zu verantworten? Gut ein Jahr nach den blutigen Krawallen im Stadion von Port Said bestätigt ein Gericht Todesurteile und verhängt langjährige Haftstrafen. Wieder randalieren Fans, ein Mensch stirbt.

Harte Urteile gegen gewalttätige Fußballfans haben in Ägypten erneut zu heftigen Krawallen geführt. Im Prozess um die tödlichen Ausschreitungen im Stadion von Port Said bestätigte ein Kairoer Gericht am Samstag 21 Todesurteile und verhängte zudem langjährige Haftstrafen.

Die Wut entzündete sich vor allem an Freisprüchen für sieben Polizisten. In Kairo griffen Anhänger beider Fußballvereine einen Sportclub der Polizei mit Brandsätzen an und stürmten ein Gebäude des Fußballverbands. Dabei kam nach Angaben von Ärzten ein Mensch ums Leben, mindestens 14 wurden verletzt.

Der Prozess arbeitet die blutigen Auseinandersetzungen vom 1. Februar 2012 auf. Damals waren in der nördlichen Hafenstadt 74 Menschen getötet worden, als Fans des örtlichen Vereins Al-Masri nach dem Abpfiff brutal auf Anhänger des rivalisierenden Al-Ahli-Clubs losgingen. Die Opfer gelten offiziell als "Märtyrer". Denn Fans des Kairoer Traditionsclubs galten als Speerspitze der Revolution gegen den Langzeitpräsidenten Husni Mubarak und sind deshalb sehr populär.

Der verantwortliche Polizeichef wurde nun mit einem weiteren Polizisten und acht anderen Angeklagten zu 15 Jahren Haft verurteilt. Fünf Angeklagte müssen lebenslang ins Gefängnis. Verhängt wurden ferner sechs Haftstrafen über zehn Jahre und zwei über fünf Jahre. Ein Verurteilter muss ein Jahr hinter Gitter.

Es gab aber auch 28 Freisprüche - unter anderem für sieben der neun angeklagten Sicherheitskräfte. Insgesamt waren 73 Menschen im Zusammenhang mit der Fußballtragödie angeklagt - hauptsächlich Fans von Al-Masri. Sie mussten sich für vorsätzlichen Mord, grobe Fahrlässigkeit oder Waffenbesitz verantworten. Der Prozess war aus Sicherheitsgründen in die Polizeiakademie in Kairo verlegt worden.
Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Die Todesurteile in dem Verfahren Ende Januar hatten massive Ausschreitungen in der Region am Suez-Kanal ausgelöst. Mehr als 40 Menschen kamen damals ums Leben.

Diesmal reagierten Fans des Kairoer Al-Ahli-Clubs, aus deren Reihen die meisten Opfer der Krawalle kamen, zunächst gespalten auf das Urteil. Einige feierten den Richterspruch, andere äußerten sich verärgert über die Freisprüche für die Polizisten und forderten Vergeltung. Als ein Polizeihubschrauber über dem Al-Ahli-Stadion kreiste, attackierten wütende Fans den Sportclub in der Nähe, später stürmten sie das Verbandsgebäude.

Ein Vertreter des Fußballverbands sagte dem Staatsfernsehen, die Angreifer hätten Papiere verbrannt und Trophäen der Nationalmannschaft gestohlen. Vereinzelt kam es am Nil zu Zusammenstößen zwischen Ultras und Sicherheitskräften. In Port Said herrschte zunächst angespannte Ruhe. Staatliche Medien meldeten, dass auch der Schiffsverkehr im Suez-Kanal nicht behindert werde.

Das Militär übernahm den Schutz von Polizeieinrichtungen in Port Said. Der islamistische Präsident Mohammed Mursi hatte dort vor einem Monat wegen der Krawalle den Notstand verhängt. Landesweit ist die Zahl der diensttuenden Polizisten derzeit ausgedünnt - etwa jeder vierte befindet sich im Streik. Die Polizei fühlt sich als Sündenbock der Nation - schlecht geschützt und stets beschuldigt.

(AFP/sap/spol/csr)
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