Schönheitswahn in Rio Für Karneval unters Messer
Rio de Janeiro (RPO). Bei tropischen Temperaturen und mit viel nackter Haut haben in Rio de Janeiro die Karnevalsumzüge der zwölf besten Sambaschulen begonnen. An der Spitze der Sambagruppe Porto a Pedra tanzte am Sonntagabend die 36-jährige Angela Bismarchi, die sich für das Motto "Japan" ihrer 42. Schönheitsoperation unterzogen hatte.
Schrill, bunt, nackt
Tänzerin Bismarchi führte lediglich mit silberner Körperfarbe und einem Kopfputz aus schwarzen Federn bekleidet als japanische Diva ihre Gruppe an, deren Tänzer kunstvoll als Geishas, Sushi-Köche und Sumoringer kostümiert waren. Das Motto sollte an die ersten japanischen Einwanderer erinnern, die vor 100 Jahren nach Brasilien kamen. Bismarchi hatte sich erst in der vergangenen Woche die Augen operieren lassen, um asiatischer zu wirken.
Die ersten sechs Sambagruppen präsentierten ihre jeweils 80-minütigen Shows bis in die frühen Morgenstunden des Montags, am selben Abend sollten die Umzüge der restlichen sechs Gruppen folgen. Etwa 85.000 Menschen verfolgen die Aufführungen im Sambodrom live, im Fernsehen werden sie für ein Millionenpublikum übertragen.
Bereits am Freitagabend läuteten hunderte Samba-Tänzer in den Straßen von Rio den Karneval ein. Damit begann in der Stadt ein fünf Tage dauernder Ausnahmezustand. In ganz Rio wurden in den Straßen Partys gefeiert, der Verkehr kam streckenweise zum Erliegen.
Die Sambagruppe Viradouro verzichtete nach einer Gerichtsentscheidung auf einen umstrittenen Motivwagen mit der Darstellung von Holocaust-Opfern. Stattdessen präsentierte sie aus Protest einen Wagen mit geknebelten Männern und Frauen und einem Transparent mit der Aufschrift "Man baut die Zukunft nicht, indem man die Vergangenheit begräbt". Eine jüdische Organisation hatte der Sambagruppe die Teilnahme mit dem Wagen in der ursprünglich geplanten Form gerichtlich verbieten lassen. Der Wagen sollte eine Ansammlung Schaufensterpuppen und einen tanzenden Adolf Hitler zeigen als Beispiel für etwas, "das Gänsehaut erregt". Unter diesem Motto schwangen auf anderen Motivwagen von Viradouro als Kakerlaken verkleidete Sambatänzer oder "Skifahrer" auf einer eisbedeckten, 40 Meter langen Abfahrt die Hüften.
