Justiz Frauenrechtlerin Al-Hathlul in Saudi-Arabien verurteilt

Riad · Von Umsturzplänen und einer „ausländischen Agenda“ spricht ein Gericht in Saudi-Arabien, als das Urteil im Fall von Ludschain al-Hathlul fällt. Im Frühjahr könnte die Aktivistin aber dennoch wieder in Freiheit sein. Ausreisen darf sie aber nicht.

 Die Menschenrechts-Aktivistin Ludschain al-Hathlul aus Saudi-Arabien wurde für ihren Einsatz als Frauenrechtlerin mit einer Haftstrafe belegt.

Die Menschenrechts-Aktivistin Ludschain al-Hathlul aus Saudi-Arabien wurde für ihren Einsatz als Frauenrechtlerin mit einer Haftstrafe belegt.

Foto: dpa/Marieke Wijntjes

Ein Gericht in Saudi-Arabien hat die bekannte Aktivistin und Frauenrechtlerin Ludschain al-Hathlul nach Angaben ihrer Unterstützter zu fünf Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Die Hälfte davon - die zwei Jahre und zehn Monate, die Al-Hathlul bereits im Gefängnis verbrachte - sei in eine Bewährungsstrafe umgewandelt worden, teilte ihre Familie am Montag mit. Damit könnte die 31-Jährige im Februar oder März freigelassen werden. Zudem wurde ein Reiseverbot von fünf Jahren verhängt.

Al-Hathlul habe eine „ausländische Agenda innerhalb des Königreichs mit dem Internet umsetzen“ und die öffentliche Ordnung stören wollen, hieß es laut einem Bericht der Nachrichtenseite Sabq in dem am Montag verkündeten Urteil. Sie habe das Herrschaftssystem des autoritär regierten Staates kippen wollen. Al-Hathlul wurde von einem speziellen Gericht für Terrorismusdelikte verurteilt, nachdem ein Strafgericht den Fall dorthin verwiesen hatte. Das Urteil ist 30 Tage lang anfechtbar.

Nach Aussagen des Richters hat Al-Hathlul die Straftaten gestanden. Ihre Geständnisse habe sie freiwillig und ohne äußeren Zwang gemacht. Ihre Familie hatte dagegen erklärt, dass Ludschain gefoltert worden sei, unter anderem durch simuliertes Ertränken („Waterboarding“), Auspeitschen und mit Elektroschocks. Al-Hathlul war zweimal in Hungerstreik gegangen, um gegen die Bedingungen ihrer Haft zu protestieren. Die Vorwürfe der Folter hatte das Gericht vergangene Woche zurückgewiesen.

Das UN-Menschenrechtsbüro sprach von einem „zutiefst beunruhigenden“ Urteil. Al-Hathlul sei zweieinhalb Jahre willkürlich festgehalten worden. Das Büro unterstütze eine vorzeitige Freilassung im Rahmen der Bewährungsstrafe nachdrücklich als „dringliche Angelegenheit“, schrieb das Büro mit Sitz in Genf bei Twitter.

Al-Hathluls Schwester kritisierte das Urteil scharf: „Ludschain und meine Eltern (die als ihre Anwälte auftreten) wurde kaum Zeit zur Vorbereitung gegeben, deshalb kann dieser Prozess kaum als fair verstanden werden.“ Ludschain sei „keine Terroristin, sondern eine Aktivistin“. Die Verurteilung für Reformen, die Kronprinz Mohammed bin Salman und das Königreich selbst propagierten, sei „ultimative Heuchelei“. Die Familie sei „erschüttert“, dass Ludschain auch nur einen weiteren Tag im Gefängnis verbringen müsse.

Al-Hathlul zählt zu den international bekanntesten Aktivisten in der streng islamischen Monarchie Saudi-Arabien und wurde vor allem durch die Kampagne für ein Ende des Autofahrverbots für Frauen bekannt. Sie wurde im Mai 2018 festgenommen - kurz bevor das Fahrverbot aufgehoben wurde. Die Staatsanwaltschaft hatte die Höchststrafe von 20 Jahren Haft gefordert.

Die Zeit der Bewährung wird aufgehoben, wenn Al-Hathlul in den kommenden drei Jahren eine Straftat begeht. „Sie könnte für jede als illegal wahrgenommene Handlung festgenommen werden“, teilten ihre Unterstützer mit.

(june/dpa)
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