Auftakt mit „White Noise“ Filmstars, Selenskyj und Hillary Clinton – Filmfestspiele in Venedig eröffnet
Venedig · Die Filmfestspiele Venedig haben begonnen. Filmstars wie Adam Driver, Greta Gerwig und Julianne Moore schritten über den Teppich. Und auch die Politik spielte eine Rolle.
Mit Auftritten von Adam Driver, Catherine Deneuve, Julianne Moore und Greta Gerwig sind am Mittwochabend die Filmfestspiele Venedig eröffnet worden. Die Stars präsentierten sich auf dem Roten Teppich vor dem Palazzo del Cinema, bevor das Fest mit dem Film „White Noise“ eröffnet wurde. Überraschend erschien auch die frühere US-Außenministerin Hillary Clinton.
Während der Eröffnungsgala hielt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine Rede per Video. „Ich bin dankbar für die Möglichkeit, hier über unsere Situation zu sprechen“, sagte er der Simultanübersetzung zufolge. „Seit 189 Tagen läuft diese Geschichte außer Konkurrenz, es ist ein Drama, das auf Fakten, Mördern, Schlächtern basiert, eine Tragödie ohne die Musik von Morricone, ein Horror aus Explosionen und Tod, der nicht nur 120 Minuten dauert.“
Anschließend wurde eine Liste mit ukrainischen Todesopfern eingeblendet. Auch bei den Filmfestspielen in Cannes und etwa bei den Grammys war Selenskyj zugeschaltet. In Venedig sind Veranstaltungen in Solidarität mit der Ukraine geplant, etwa Filmbeiträge und das Vorstellen aktueller Projekte zur Vernetzung oder Finanzierung.
Es war ein gewisser Bruch, dass anschließend mit „White Noise“ ein knalliger und apokalyptischer Film die Festspiele eröffnete. Das Werk von Noah Baumbach („Marriage Story“) ist eine Satire über das Leben einer amerikanischen Familie und die Akademiker-Welt.
Die Geschichte beruht auf einem Roman von Don DeLillo. Im Zentrum steht Jack Gladney (Adam Driver), der als College-Professor arbeitet und für seine - wie es im Film genannt wird - „Hitler Studies“ bekannt ist. Nach einem Chemieunfall in der Stadt fällt es ihm, seiner Frau Babette (Greta Gerwig) und ihren Kindern schwer, an verlässliche Informationen zu kommen.
Eine Geschichte über eine plötzlich einbrechende Naturkatastrophe und die damit einhergehende Missinformation: Obwohl der Roman bereits 1985 erschienen ist, wirkt das sehr aktuell. Babettes Gedanken an den Tod sind so intensiv und störend, dass sie heimlich ein nicht zugelassenes Medikament ausprobiert und dafür viel in Kauf nimmt. Das wiederum will Jack nicht hinnehmen.
„White Noise“ hat eine sehr dramatische Geschichte, die trotz einer für Baumbachs Verhältnisse krachigen Inszenierung viele subtile und witzige Momente birgt. Etwa, wenn Jack mit seinen College-Kollegen über den Tod und das Leben philosophiert. Oder wenn er versucht, auf Deutsch „Kartoffelsalat“ auszusprechen, weil er sich nicht damit blamieren möchte, trotz seiner NS-Expertise kein Deutsch zu sprechen. Stichwort Deutsch: Auch Lars Eidinger spielt eine (besonders abstoßende) Figur im Film.
Gedreht ist „White Noise“ in einer 80er-Jahre-Ästhetik, erinnert manchmal an Katastrophenfilme aus dieser Zeit, aber auch an Serien wie „Stranger Things“.
Bevor der Film gezeigt wurde, hatte auch die französische Schauspielerin Catherine Deneuve einen Auftritt auf der Eröffnungsgala. Die 78-Jährige wurde mit einem Goldenen Löwen für ihr Lebenswerk geehrt.
Am Mittag hatte Julianne Moore über ihre Rolle als Jury-Präsidentin und das Kino im Allgemeinen sinniert. Auf ihre Aufgabe als Vorsitzende der Jury angesprochen, scherzte sie: „Zunächst einmal muss sich jeder gleich anziehen. Das ist meine Regel.“ Im Ernst, so die 61-Jährige: Die Aufgabe empfinde sie als große Ehre. „Das erste Mal als ich nach Venedig kam, habe ich in einer amerikanischen Seifenoper gespielt. Das war 1986. Wenn ich damals gewusst hätte, dass ich die Vorsitzende der Jury sein werde, wäre ich in den Kanal gefallen.“
23 Wettbewerbsfilme muss sich Moore nun gemeinsam mit den anderen sechs Jury-Mitgliedern ansehen, bevor am 10. September der Hauptpreis des Festivals, der Goldene Löwe für den besten Film, vergeben wird.