Wake-up Partys Feiern im Club vor der Arbeit – was bringt der Trend?
Düsseldorf · Um fünf Uhr morgens aus dem Bett quälen, um in den Club zu gehen. Und dann zur Arbeit. Dieser Trend hat in New York begonnen und kommt nun auch nach Europa. Warum Hallo-Wach-Partys in die Zeit passen.
Der Wecker klingelt im Morgengrauen. Menschen ziehen sich nicht wütend die Decke über den Kopf, sondern werfen sich in Partyklamotten und fahren in den Club – zum Wachtanzen. Danach kurz duschen und ab ins Büro. Was wie ein absurder Einfall klingt, geboren in einer alkoholreichen Nacht, ist in New York schon gelebte Realität. Und seit einiger Zeit auch im niederländischen Utrecht.
Da kommen zu den Partys im Wake-up Club nach Veranstalterangaben im Schnitt 300 Leute. Es gibt Kaffee und Frühstück, wie eine Reporterin des „Spiegel“ berichtet, Silent-Disco, bei der die Tanzenden Kopfhörer tragen, kurz vor Bürostart Techno und im Sommer vor der Halle Wasserschlacht mit Spritzpistolen.
Man kann nun sagen, dass da zwei Dinge auf kuriose Weise vereint werden, die nicht zueinander passen. Denn das Ausschweifende gehört zum Wesen der Clubkultur und damit auch in die Nacht. Beats übernehmen den Puls und treiben Menschen über alle Müdigkeitsgrenzen hinweg in eine euphorisierte Zeitlosigkeit. Bekanntermaßen spielen auch Alkohol und andere Drogen eine Rolle. Clubnächte sind eigentlich nur dann gut, wenn der Morgen danach keine Rolle spielt, wenn niemand an den Alltag da draußen denkt, an Pflichten und soziale Rollen. Nur das Jetzt zählt. Und die Musik.
Wake-up Partys dagegen laufen bewusst auf die Arbeit zu. Es gibt Kaffee statt Alkohol. Alle wollen locker und mit einem Gemeinschaftserlebnis in einen Tag starten, an dem noch viel passieren soll. Besucher solcher Partys sagen, dass sie es gerade schätzen, dass nach dem Feiern der Tag noch nicht vorbei ist. Dass sie Energie tanken und so gut in den Arbeitsalltag starten können. Sogar vor Prüfungen will einer schon zum Tanzen gegangen sein – für die optimistische Stimmung. Es geht also weniger um den Exzess, mehr um das Um-zu. Tanzen gehen als Alternative zum morgendlichen Joggen oder Yoga.
Bevor die Routinen einsetzen, hat man dem Tag schon Qualitätszeit abgeluchst. Natürlich geht das zu Lasten des Schlafbudgets, aber das zu verausgaben, gehört in leistungsorientierten Kreisen eh zum guten Ton. Also packt man in eh schon volle Tage die Party vor den Stress, ertanzt sich nüchtern Energie, statt am dicken Kopf für den nächsten Tag zu arbeiten. Mit Clubleben hat das nur insofern zu tun, als dass derselbe Ort genutzt wird.
So betrachtet, ist die Idee allerdings weniger verrückt als sie klingt. Denn natürlich kann es Menschen mit positiver Energie aufladen, wenn sie sich bei Tagesanbruch mit anderen zum Tanzen treffen. Solche Rituale hat es in der Menschheitsgeschichte immer schon gegeben. Warum nicht zu Clubmusik? Gerade die besondere Uhrzeit schafft eine verschwörerische Atmosphäre und dürfte damit das Gemeinschaftserlebnis steigern. Wenn es dafür ein Bedürfnis gibt, wird es Wake-up-Partys bald in noch mehr urbanen Gegenden geben. Sie fügen sich in einen zugleich leistungsorientierten wie hedonistischen Lebensstil und passen damit in die Zeit.
Allerdings nutzt sich das Besondere stets schnell ab. Zu irrer Zeit zum Feiern zu gehen, Kaffee zu trinken statt Cocktails und dann an die Arbeit zu eilen, das ist als ungewöhnliche Erfahrung reizvoll. Aber womöglich tut es für die Frühaufsteher bald auch wieder der Morgengruß auf der Yoga-Matte. Und der Rest dreht sich lieber noch mal herum.