Seit 112 Tagen im Hungerstreik Familie: In Kairo inhaftiertem Journalisten droht Koma

Der Gesundheitszustand eines seit neun Monaten in Kairo inhaftierten Journalisten des katarischen Fernsehsenders Al-Dschasira ist nach 112 Tagen im Hungerstreik Besorgnis erregend. Wie Angehörige am Dienstag gestützt auf eine Untersuchung mitteilten, leidet der ägyptische Reporter Abdullah Al-Schami an Blutarmut, niedrigem Blutdruck, beginnender Niereninsuffizienz und Unterzuckerung.

Al-Schamis Bruder Mossaab sagte der Nachrichtenagentur AFP, der Journalist habe 40 Kilogramm abgenommen. Zu Beginn seines Hungerstreiks habe er noch Säfte und gezuckerte Getränke zu sich genommen, jetzt trinke er nur noch Wasser. Wenn er keine Infusion bekomme, drohe er ins Koma zu fallen.

Al-Schami sei mittlerweile innerhalb des Gefängnisses verlegt worden, Kontakt zu ihm sei jedoch nicht möglich. Al-Schami wird beschuldigt, falsche Nachrichten verbreitet zu haben und der Muslimbruderschaft anzugehören, aus der auch der im Juli 2013 vom Militär gestürzte Staatschef Mohammed Mursi hervorgegangen war.

Einseitige Berichterstattung?

Die ägyptische Übergangsregierung stufte die islamistische Organisation Ende Dezember als "Terrorgruppe" ein. Seither sind die Mitgliedschaft in der Bewegung und der Besitz ihrer Publikationen strafbar. Die ägyptischen Behörden werfen Al-Dschasira vor, einseitig und parteiisch über die Proteste von Mursi-Anhängern und die Räumung ihrer Protestlager im August berichtet zu haben, bei der hunderte Menschen getötet wurden.

Al-Schami war am 14. August festgenommen worden, als er berichtete, wie die Armee eines der Lager gewaltsam räumte. Das Golfemirat Katar, das Al-Dschasira finanziert, hatte Mursi unterstützt und im Gegensatz zu den anderen Golfmonarchien seine Absetzung durch das Militär scharf verurteilt.

Keine Verbindung zum Anwahlt

Die ägyptische Ausgabe von Al-Dschasira wurde mittlerweile geschlossen. Am 3. Mai hatte ein Gericht entschieden, Al-Schamis Inhaftierung um weitere 45 Tage zu verlängern. Der Journalist prangerte bei der Gelegenheit an, dass er und seine Mitgefangenen zu fünfzehnt in einer zwölf Quadratmeter großen Zelle eingesperrt seien und er ohne Verbindung zu seinem Anwalt sei.

Gegen drei Ende Dezember festgenommene Journalisten des englischsprachigen Fernsehsenders Al-Dschasira ist derzeit ein Prozess im Gang. Es handelt sich um den Australier Peter Greste, den agyptisch-kanadischen Bürochef Mohammed Adel Fahmi und den ägyptischen Produzenten Baher Mohammed. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen und 17 Mitangeklagten unter anderem Verbindungen zur Muslimbruderschaft, Gefährdung der öffentlichen Ordnung, fehlende Arbeitsgenehmigungen und illegale Filmaufnahmen von Sicherheitseinrichtungen vor.

(DEU)
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