Fall George Floyd Ex-Polizist Chauvin bekennt sich nach separater Anklage schuldig

Saint Paul · Für die Tötung George Floyds sitzt Derek Chauvin bereits in Haft, doch ist auch nach dem Bundesrecht Anklage gegen ihn erhoben worden. Mit einem Schuldbekenntnis wendete der ehemalige Polizist einen weiteren Prozess ab.

 Der ehemalige Polizist Derek Chauvin (r.) sitzt im Gerichtssaal vor der Verkündung des Strafmaßes im Prozess (Archivfoto).

Der ehemalige Polizist Derek Chauvin (r.) sitzt im Gerichtssaal vor der Verkündung des Strafmaßes im Prozess (Archivfoto).

Foto: Uncredited/Pool Court TV/AP/dpa

Nach seiner Verurteilung für die Tötung von George Floyd hat Ex-Polizist Derek Chauvin sich im Sinne einer separaten Anklage nach Bundesrecht schuldig bekannt. Am Mittwoch wurde der frühere Beamte in Handschellen in den Gerichtssaal in Saint Paul im Staat Minnesota geführt. „Schuldig, Euer Ehren“, sagte Chauvin knapp. Damit räumte er im Rahmen einer Einigung mit der Staatsanwaltschaft ein, dass er mit der tödlichen Festnahme von Floyd gegen dessen Bürgerrechte verstoßen habe. So kommt Chauvin nun um einen möglichen weiteren Prozess nach Bundesrecht herum, dürfte aber eine längere Haftstrafe verbüßen.

Der weiße Ex-Polizist war im Frühling wegen der Tötung Floyds zu 22 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden. Handyaufnahmen von der Festnahme des Afroamerikaners im Mai 2020 zeigten, wie Chauvin bis zu neuneinhalb Minuten lang das Knie auf Floyds Hals presst, obwohl dieser immer wieder über Atemnot klagte. Zu sehen und hören ist auch, wie Passanten den damaligen Beamten lautstark aufforderten, von Floyd abzulassen. Die Bilder lösten im vergangenen Jahr teils gewaltsame Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt in den USA, aber auch weit über deren Grenzen hinaus aus.

Im Falle einer Strafaussetzung und erwarteter guter Führung dürfte Chauvin letztlich rund 15 Jahre seiner auf Staatsebene verhängten Strafe verbüßen. Eine Haftstrafe nach Bundesrecht würde zeitlich parallel dazu ablaufen. Verurteilte sitzen in der Regel rund 85 Prozent ihrer Bundesstrafe ab, sofern sie sich hinter Gittern gut benehmen. Da die Bundesstaatsanwälte im Fall Chauvin bis zu 25 Jahre Gefängnis empfahlen, könnte er über seine bisherige Strafe hinaus rund sechs weitere Jahre und drei Monate verbüßen.

Als Teil des Deals mit der Staatsanwaltschaft bekannte sich Chauvin auch schuldig, 2017 einen damals 14-jährigen Schwarzen mit einer ähnlichen Methode wie im Fall Floyd fixiert und damit gegen dessen Bürgerrechte verstoßen zu haben. Den Jugendlichen packte der damalige Cop laut Anklage an der Kehle, schlug ihm mit einer Taschenlampe auf den Kopf und kniete ebenfalls auf dessen Nacken, währen der Teenager ausgestreckt und gefesselt auf dem Boden lag und keinen Widerstand leistete. In einem Polizeibericht schrieb Chauvin zu jener Zeit, der Junge habe sich seiner Festnahme widersetzt, woraufhin er ihn mit seinem Körpergewicht am Boden gehalten habe. Nach der Festnahme blutete der Jugendliche am Ohr, die Wunde musste mit zwei Stichen genäht werden.

Bei der Anhörung in Saint Paul waren etliche Angehörige Floyds und jener Jugendliche anwesend, den Chauvin 2017 brutal festgenommen hatte, wie ein Reporter berichtete. „Heute ist ein guter Tag für Gerechtigkeit“, rief Floyds Bruder Philonise dem jungen Opfer des weißen Ex-Beamten zu. Im Saal waren auch neun Unterstützer Chauvins, darunter dessen Angehörige. Er lächelte und winkte ihnen zu, als er hinein- und hinausgeführt wurde. Floyds Neffe Brandon William nannte den Ex-Polizisten ein „Monster“, das schon nach dem Vorfall von 2017 hätte verhaftet werden sollen. „Wäre er zur Verantwortung gezogen worden für das, was er 2017 dem Minderjährigen angetan hatte, wäre George Floyd noch hier.“

Um gegen einen Polizisten Anklage auf Grundlage des Bundesrechts erheben zu können, muss die Staatsanwaltschaft annehmen, dass ein Beamter oder eine Beamtin bewusst unter dem Vorwand der Ausübung von Staatsgewalt einer Person ihre verfassungsgemäßen Rechte entzogen hat. Das ist eine hohe rechtliche Hürde. Denn ein Unfall, schlechtes Urteilsvermögen oder pure Fahrlässigkeit aufseiten eines Polizisten reichen für eine Anklage nach Bundesrecht nicht aus. Staatsanwälte müssen nachweisen, dass der Beamte sehr wohl um sein Fehlverhalten im betreffenden Moment wusste, es aber dennoch tat.

(chal/dpa)
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