Einsatz gegen Treibjagd Bremer Walschützer droht Haft

Tórshavn/Bremen · Aktivist Tom Strerath wurde auf den Färöer festgenommen. Die Organisation kämpft gegen die Treibjagd, bei der Hunderte Grindwale getötet werden. Strerath wartet jetzt auf sein Urteil.

 Dieses Foto vom derzeitigen Grindaráp machte die Organisation Sea Shepard.

Dieses Foto vom derzeitigen Grindaráp machte die Organisation Sea Shepard.

Foto: Eliza Muirhead

Die jährliche Treibjagd der Walfänger vor den Färöer ist nichts für schwache Nerven. Während der Sommermonate treiben die Fischer ganze Familienverbände von Grindwalen mit mehreren Dutzend Tieren in die Buchten, ziehen sie mit Haken an Land und schneiden ihnen das Rückenmark durch. Die Wale verenden im flachen, blutrot gefärbten Wasser. Tierschützer und Umweltaktivisten versuchen immer wieder, diese alte Tradition zu verhindern. Einer von ihnen ist der Bremer Tom Strerath. Der 31-Jährige ist für die Organisation "Sea Sheperd" aktiv. Vor einer Woche wurde er auf seinem Schlauchboot festgenommen - ihm wird Behinderung des Walfangs, der auf den Färöer legal betrieben wird, vorgeworfen.

Wann das Urteil gefällt wird, weiß Strerath nicht. "Ich hoffe, schnell einen Gerichtstermin zu bekommen - ich will nach Hause", sagt er. Vorerst ist er auf den Inseln gestrandet. Seinen Pass hat man ihm abgenommen. "Mich erwartet entweder die Ausweisung und ein Einreiseverbot, eine Geldstrafe in Höhe von 3500 Euro - oder zwei Jahre Gefängnis, was ich nicht hoffe."

Vor einer Woche war Strerath mit einer Amerikanerin auf einem Schlauchboot des Schiffes "Sam Simon" vor der Küste unterwegs, um nach Grindwalen Ausschau zu halten. "Plötzlich sammelten sich dort Boote zu einem Kollektiv, bis es etwa 30 waren - da wussten wir, dass gleich Wale in die Bucht getrieben werden würden", sagt er. Doch noch bevor es losging, platzierte sich ein 80 Meter langes Militärschiff neben dem kleinen Schlauchboot. "Soldaten forderten uns ohne Begründung auf, den Motor abzustellen. Dann wurden wir verhaftet. Das war ein mulmiges Gefühl." Auf dem Polizeirevier wurden ihm Fingerabdrücke und eine DNA-Probe abgenommen, der Pass entzogen, es folgte ein Verhör. Während der Treibjagden ist es verboten, sich den Fischerbooten auf weniger als eine Meile zu nähern - doch es bleibt unklar, ob die Aktivisten überhaupt in dieser Zone waren, sagt Strerath. "Wir sind nicht vor Ort, um Gesetze zu brechen. Wir wollen das Vorgehen dokumentieren und darauf aufmerksam machen." Als ihr Anwalt eintraf, konnten die Aktivisten vorerst gehen.

Der Bremer wohnt nun erst einmal in einem Haus der Organisation "Sea Sheperd", so lange, bis ein Gerichtstermin feststeht. Im Moment seien wegen Feiertagen die Behörden geschlossen. "Das Schlimmste ist, nichts machen zu können. Als ich letzte Woche schon einmal vor Gericht sein musste, waren die anderen Aktivisten in den Buchten. Dann siehst du, wie sie zurückkommen, einige weinen, haben noch Blut an den Hosen."

Die Treibjagd sei äußerst brutal, erklärt Harald Beneke, Meeresbiologe und Direktor des Deutschen Meeresmuseums in Stralsund. "Das ist mit den europäischen Tierschutzgesetzen in keiner Form vereinbar. Die Tiere leiden enorm." Dabei wird ihnen ihr Sozialverhalten zum Verhängnis, sagt Beneke. Die Tiere sind im Familienverbund unterwegs. Ist ein Tier verletzt, lassen sie es nicht zurück. Die Walfänger haben somit leichtes Spiel. "Das Problem ist, dass die EU-Gesetze hier nicht greifen. Mich bestürzt es, dass seit 20 Jahren darüber geredet, aber nichts getan wird."

Die Tradition, das Grindadráp, gibt es seit dem 16. Jahrhundert. "Damals gab es den Bedarf, da die Inseln sehr abgeschieden sind und sich die Bewohner vom Walfleisch ernährten", erklärt Astrid Fuchs von der Wal- und Delfinschutzorganisation WDC. Heute allerdings sei dies unnötig. "Es ist eine opportunistische, keine bedarfsabhängige Jagd. Es gibt keine Quote. Mal werden nur 300 Wale getötet, mal mehr als 1000", sagt Fuchs. Dabei ist der Verzehr des Fleisches umstritten. 2008 rief die Gesundheitsbehörde der Inseln dazu auf, kein Grindwalfleisch mehr zu verzehren, da es stark belastet sei mit Umweltgiften wie Quecksilber, PCB (polychlorierte Biphenyle), Kadmium und Pestiziden, die sich im Körper anreichern. Vor allem bei Kindern könne der Verzehr zu Sprach-, Konzentrations- und Erinnerungsstörungen führen. "Seitdem essen immer weniger Menschen das Fleisch - es werden aber nicht weniger Tiere getötet", sagt Fuchs. Stattdessen würden große Teile des Fleisches zwar gelagert, später aber entsorgt.

Dass die Färöer bald von ihrer Tradition abrücken könnten, glaubt Beneke nicht. "Vielleicht, wenn sie wie Island feststellen, dass man mit ,Whale Watching' mehr Touristen anlocken kann, statt sie mit der Treibjagd zu verschrecken." Bis dahin kämpfen Aktivisten wie Strerath weiter - auch wenn ihnen Gefängnis droht. "Meine Familie war erst erschrocken, als sie davon hörte. Sie sind aber sehr stolz auf mich - vor allem mein Vater."

(RP)
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