20 Millionen Obdachlose durch Flutkatastrophe Erster Cholerafall in Pakistan bestätigt

Islamabad (RPO). Die Vereinten Nationen haben bestätigt, dass es in den Überschwemmungsgebieten in Pakistan einen Fall der Infektionskrankheit Cholera gibt. Zehntausende leiden an Durchfallerkrankungen, die Seuchengefahr nimmt zu.

Pakistan - schlimmste Flut seit 1929
20 Bilder

Pakistan - schlimmste Flut seit 1929

20 Bilder

Nach ausführlichen Untersuchungen sei bei einem Patienten in Mingora im Swat-Tal zweifelsfrei Cholera diagnostiziert worden, erklärte UN-Sprecher Maurizio Giuliano am Samstag. Zudem gebe es mehrere Verdachtsfälle. Giulianos Angaben zufolge leiden in Pakistan mindestens 36.000 Menschen an Durchfallerkrankungen.

Hilfsorganisationen hatten bereits in den vergangenen Tagen von Cholera-Fällen in der Region berichtet. Die Krankheit kann zu Austrocknung und bei Nicht-Behandlung zum Tod führen.

Die Bestätigung kam zeitgleich mit einer neuen Flutwelle im Süden des Landes. Mittlerweile seien 20 Millionen Menschen durch die Überschwemmungen obdachlos, sagte Ministerpräsident Yousuf Raza Gilani in einer Fernsehansprache am Samstag. Zuvor hatten die Vereinten Nationen unter Berufung auf Regierungskreise von etwa 14 Millionen Menschen gesprochen, die direkt oder indirekt betroffen seien. Gilani führte in seinen jüngsten Erläuterungen nicht aus, wie viele der von ihm genannten Menschen gezwungen wurden, ihre Häuser zu verlassen und wie viele sie durch das Wasser ganz verloren haben.

Neue Flutwellen hätten den Indus in der südlichen Region Sindh am Samstag zum Ansteigen gebracht, sagte der Meteorologe Mohammed Ajmal Shad. Dadurch würden dort nahegelegene Städte, Dörfer und Siedlungen bedroht. An einigen Stellen ist der Indus bereits 25 Kilometer breit, das ist 25 Mal mehr als während einer normalen Monsun-Saison.

Gilani verteidigte die Haltung der Regierung gegenüber der Katastrophe in seiner Rede. "Diese Naturkatastrophe hat Zerstörung in einem solchen Ausmaß gebracht, dass die Hilfe der Regierung ungenügend aussieht." Vor allem der pakistanische Präsident Asif Ali Zardari war in die Kritik geraten, weil er trotz der schlimmsten Überschwemmungen in Pakistan seit 83 Jahren seine Besuche in Großbritannien und Frankreich fortgesetzt hatte. Vor zwei Tagen hatte er erstmals die Hochwassergebiete besucht.

Islamabad sagt Unabhängigkeits-Feierlichkeiten ab

Unterdessen haben die USA ihre Anstrengungen zur Unterstützung Pakistans verstärkt und 70 Millionen Dollar an Hilfsgeldern zur Verfügung gestellt. Außerdem werden die US-Streitkräfte Hubschrauber für Rettungs- und Versorgungsflüge schicken. Washington will damit etwas für das eigene Ansehen in dem geschundenen Land tun, das für den Kampf gegen die Taliban eine große Rolle spielt.

Wegen der Hochwasserkatastrophe hat Pakistan die Feierlichkeiten zu seinem Unabhängigkeitstag am Samstag abgesagt, darunter das traditionelle große Feuerwerk um Mitternacht. Ministerpräsident Gilani nahm am Morgen aber an einem Fahnenappell teil. Großbritannien entließ Pakistan am 14. August 1947 in die Unabhängigkeit. Regierungsmitglieder wollten im Laufe des Tages in den Hochwassergebieten über die Lage informieren und vor weiteren Flutwellen warnen.

Außerdem wird UN-Generalsekretär Ban Ki Moon möglicherweise bereits am Wochenende zu einem Besuch erwartet. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen warten noch immer sechs Millionen Menschen auf Hilfe. Unter anderem fehle den Opfern sauberes Trinkwasser, Nahrung und ein angemessener Schutz vor Wind und Wetter, teilte die UN am Samstag mit.

Die UN hatten ihre mehr als 190 Mitgliedstaaten in einem Appell zu Sofortzahlungen in Höhe von 460 Millionen Dollar für Pakistan aufgefordert. Für den langfristigen Wiederaufbau des Landes werden nach Einschätzung der UN sogar Milliarden Dollar benötigt.

Durch die schweren Überschwemmungen im Nordwesten Pakistans sowie in den zentralen Provinzen Sindh und Punjab starben bislang etwa 1600 Menschen.

(AP/AFP/jre)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort