Air-France-Absturz über dem Atlantik Ermittler zerfleischen sich gegenseitig

Brasília/Dakar (RPO). Der Absturz der Air-France-Maschine über dem Atlantik vor rund einem Monat bringt die Ermittler der beteiligten Länder gegeneinander auf. Die brasilianische Polizei erklärte am Donnerstag (Ortszeit), Frankreich habe die Autopsieergebnisse der Leichen nicht angefordert. Die afrikanische Luftfahrtaufsicht erhob Vorwürfe gegen die brasilianischen Fluglotsen.

Paris gedenkt der Airbus-Opfer
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"Wir haben keinerlei Anfrage der (französischen) Botschaft oder von irgendjemandem aus Frankreich erhalten", sagte ein Sprecher der brasilianischen Bundespolizei. "Wenn nichts angefordert wird, ist klar, dass sie nichts bekommen."

Die französische Luftfahrtermittlungsbehörde BEA hatte zuvor erklärt, dass die fehlenden Autopsieberichte aus Brasilien die Ermittlungen behinderten. Laut BEA übersandte Brasilien die Untersuchungsergebnisse trotz Aufforderung nicht nach Frankreich. Die Behörde hatte sich bereits vor zwei Wochen darüber beschwert, nicht über die Ergebnisse der gerichtsmedizinischen Untersuchungen informiert worden zu sein.

Nach dem Absturz des französischen Airbus A330 rund 1100 Kilometer vor der brasilianischen Küste waren 51 Leichen geborgen und auf das Festland gebracht worden, wo brasilianische Experten sie untersuchten.

Nach brasilianischen Angaben waren vier französische Gerichtsmediziner daran beteiligt. Unter den Toten, die bislang identifiziert wurden, sind der Pilot und ein Flugbegleiter von Air France sowie drei Deutsche. Die meisten der 228 Toten wurden nicht gefunden; auch nach den Flugschreibern der Unglücksmaschine wird noch gesucht.

Die afrikanische Luftfahrtsicherheitsbehörde ASECNA kritisierte derweil, die brasilianische Luftraumüberwachung habe den Flug nicht ordnungsgemäß an den Senegal übergeben, als er in der Nacht zum 1. Juni den Atlantik überquerte. Der zuständige brasilianische Lotse hätte seinen senegalesischen Kollegen in Dakar routinemäßig anrufen müssen, als das in Rio de Janeiro gestartete Flugzeug den von Brasilien überwachten Luftraum verließ und in senegalesischen Luftraum eintrat, erklärte die afrikanische Behörde am Freitag. "Diese Formalität wurde nicht eingehalten." Auch die Besatzung der französischen Maschine habe keinen Kontakt mit dem Tower in Dakar aufgenommen.

Die brasilianische Luftwaffe erklärte dagegen, die Lotsen hätten ihre afrikanischen Kollegen sehr wohl informiert; Dakar habe die Information bestätigt. Im Übrigen gebe es zwischen beiden Staaten eine "betriebliche Einigung" darauf, dass ein Flugzeug als in senegalesischem Luftraum befindlich erachtet werde, solange Dakar nicht das Gegenteil melde - also, dass ein erwartetes Flugzeug nicht eingetroffen sei. Die ASECNA wies diese Angaben zurück. Es gebe keine solche Abmachung, erklärte die afrikanische Behörde.

Das französische Flugzeug war am Pfingstmontag auf dem Weg nach Paris über dem offenen Meer abgestürzt. Wie es zu der Katastrophe kam, ist nach wie vor unklar. Bei dem Unglück kamen alle 228 Insassen ums Leben, darunter 28 Deutsche.

Der europäische Flugzeugbauer Airbus will aus seinen Maschinen künftig mehr Flugdaten in Echtzeit an Kontrollzentren senden, um die Aufklärung von Abstürzen zu erleichtern. "Informationen über Unfälle sind äußerst wichtig, um die Flugsicherheit weiter zu verbessern", erklärte Airbus-Chef Thomas Enders.

Hintergründe und Bilder zum Air-France-Absturz finden sie in unserem Special.

(AFP)
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