KZ-Bau in Auschwitz Enteignete Familien wollen Entschädigung

Warschau/Berlin · Rund 300 polnische Familien wollen laut einem Pressebericht die Regierung in Warschau wegen Enteignung beim Bau des deutschen NS-Vernichtungslagers Auschwitz verklagen.

Sie fordern umgerechnet je rund 9600 Euro, weil damals ihre Häuser und Grundstücke auf dem späteren Lagergelände von den deutschen Besatzern beschlagnahmt worden seien, berichtete die Tageszeitung "Gazeta Wyborcza".

Die Familien hätten im Gegensatz zu 280 anderen Familien keine Entschädigung von der deutschen Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" erhalten, weil sie die Antragsfrist verpasst hätten. Bei den Betroffenen handele es sich meist um kranke, ältere Menschen, die kein Geld für Medikamente hätten, sagte ihr Sprecher, der 80-jährige Jozef Koziol, dem Blatt: "Diese Entschädigungen steht ihnen einfach zu."

Für die Auszahlung des Geldes war vor etwa zehn Jahren eine polnische Partnerorganisation der vom Bundestag gegründeten Stiftung zuständig. Die polnische Regierung lehnt dem Bericht zufolge eine Entschädigung ab, da es hierfür keine rechtliche Grundlage gebe.

Ein Sprecher der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" sagte auf Anfrage, er könne nicht sagen, ob die rund 300 Familien einen Anspruch auf Entschädigung gehabt hätten. Grundsätzlich hätten auch Vermögensschäden geltend gemacht werden können, wenn sie unter "wesentlicher, direkter und schadensursächlicher Beteiligung deutscher Unternehmen" entstanden seien. Insgesamt habe die polnische Partnerorganisation 979 Millionen Euro an 484.000 Personen ausgezahlt.

Auschwitz in Südpolen war das größte Vernichtungslager der Nationalsozialisten. Während des Zweiten Weltkriegs ermordeten die Deutschen hier mehr als 1,1 Millionen Menschen, die meisten davon Juden. Die Kleinstadt wurde im Oktober 1939 dem Deutschen Reich einverleibt und zahlreiche polnische Bewohner aus ihren Häusern vertrieben oder getötet.

(KNA)
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