Einfluss von Film „Die Welle“ Österreichische Schüler spielen NS-Zeit nach - Staatsanwalt ermittelt

Wien · In der Pause spielten Schüler die NS-Zeit nach und schlüpften in die Rollen von SS-Männern und Juden. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft. Ein Anwalt erhebt Vorwürfe gegen die Lehrer.

 Jürgen Vogel im Film „Die Welle“ (Archivfoto).

Jürgen Vogel im Film „Die Welle“ (Archivfoto).

Foto: Stadtarchiv/NGZ

In Österreich wird gegen fünf Schüler ermittelt, die in der Pause den Film „Die Welle“ nachgespielt haben. Dabei sollen sie in Rollen von SS-Männern und Juden geschlüpft sein. Die Schüler waren 13 Jahre und älter. Die Staatsanwaltschaft Eisenstadt untersucht die Vorkommnisse an einer Schule in Zurndorf, wie Staatsanwalt Johann Fuchs am Donnerstag bestätigte. Ein „Anführer“ soll unter anderem einen besonderen Gruß - ähnlich dem Hitlergruß - verlangt haben. Einige Schüler sollen drangsaliert worden sein.

Das Verherrlichen von Bildern, Symbolen oder Texten aus der NS-Zeit ist in Österreich verboten. Über den Vorfall im März dieses Jahres hatte zuerst die österreichische Zeitung „Kurier“ berichtet.

Für die Schüler habe das Thema „Zweiter Weltkrieg und Nationalsozialismus“ auf dem Unterrichtsplan gestanden, sagte Anwalt Andreas Schweitzer, der einen der beschuldigten Jugendlichen vertritt. Die Schüler hätten das Buch „Die Welle“ gelesen und den gleichnamigen Film angeschaut. In dem Schullektüre-Klassiker will ein amerikanischer Highschool-Lehrer mit einem Experiment zeigen, wie totalitäre Regime etabliert werden. Der Versuch gerät aber völlig aus dem Ruder.

Nach Angaben von Schweitzer sagten die Schüler, sie seien mit dem Buch und Film allein gelassen worden. Der „Kurier“ zitiert eine Lehrerin damit, es sei geplant gewesen, Unklarheiten bei den Schülern später zu behandeln. Schweitzer sprach von einem „pädagogischen Supergau“, wenn die Lehrer das Thema Manipulation nicht vor dem Lesen ausführlich aufgriffen. „Ich sehe hier ein Problem der Lehrer, das jetzt auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wird“, sagte er.

Der Bildungsdirektor im Bundesland Burgenland, Heinz Josef Zitz, erklärte, die zuständige Lehrkraft habe sich nach derzeitigem Wissensstand dienstrechtlich nichts zu Schulden kommen lassen. Das Zeigen des Films werde an den Schulen aber vorerst gestoppt.

Die Lehrer hatten von dem Spiel der Jugendlichen dem Bericht des „Kurier“ zufolge erst nach mehreren Tagen etwas mitbekommen. Der angebliche Anführer sagte der Zeitung, es sei alles nur Spaß gewesen: „Keiner hat das Ganze ernst genommen.“ Die Lehrer verlangten schriftliche Erklärungen von den Schülern und schalteten die Polizei ein, sagte Schweitzer.

Staatsanwalt Fuchs bestätigte, dass das zuständige Landesamt für Verfassungsschutz eingeschaltet gewesen sei. Ob die Schüler angeklagt oder die Vorwürfe fallengelassen werden, werde in den nächsten Wochen entschieden, sagte Fuchs.

Welche Strafe den Schülern drohe, könne erst gesagt werden, wenn klar sei, welche Tatbestände in Frage kämen. „Bei so einem heiklen und sensiblen Thema müssen die Staatsanwälte ermitteln“, sagte Schweitzer. „Aber soweit ich es beurteilen kann, werden sie eine Entscheidung treffen, die nicht zum Nachteil der Schüler gereichen wird.“ Denkbar sei etwa die Auflage, das Thema gründlich aufzuarbeiten, womöglich verbunden mit einem gemeinnützigen Einsatz.

(mba/dpa)
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