Bundeswehr plant Luftbrücke Wütende Dorfbewohner töten mehrere Ebola-Helfer

Wegen der Ebola-Seuche eskaliert in Guinea die Gewalt, im Nachbarland Sierra Leone dürfen die Menschen nicht vor die Tür. Die Bundeswehr soll eine Luftbrücke starten. Und die Vereinten Nationen planen eine Sondermission in Westafrika.

 Zwei Frauen in Schutzkleidung halten eine Frau aus Guinea, die sich vermutlich mit Ebola infiziert hat.

Zwei Frauen in Schutzkleidung halten eine Frau aus Guinea, die sich vermutlich mit Ebola infiziert hat.

Foto: dpa, nb jak

Conakry/Freetown (dpa) - Im Ebola-Krisenland Guinea sind mindestens acht Regierungsvertreter und Journalisten Augenzeugen zufolge von aufgebrachten Dorfbewohnern getötet worden. Die Delegation war in der Region um Womey im Südosten des Landes unterwegs, um die Menschen über die Gefahren durch das Virus zu informieren. Sechs Tatverdächtige wurden festgenommen, wie die Behörden mitteilten. Die Bundesregierung kündigte unterdessen am Freitag eine Luftbrücke vom Senegal aus in die Krisengebiete an.

Sicherheitsbeamte seien in das Dorf entsandt worden, um die Ermittlungen zu unterstützen, sagte Ministerpräsident Mohamed Said Fofana. "Wir werden alle, die an diesen Morden beteiligt waren, aufspüren und vor Gericht bringen, damit sie vom Gesetz mit der höchsten Strenge bestraft werden", erklärte er. Zu der attackierten Gruppe gehörten ein örtlicher Gouverneur, Direktoren und Manager von Gesundheitszentren und Kliniken sowie drei Journalisten.

In vielen Teilen Westafrikas glaubt die Bevölkerung nicht an die Existenz der Seuche. Vor allem Ärzten und Gesundheitsbehörden stehen die Bürger skeptisch gegenüber, weil sie lieber traditionellen Heilern vertrauen. Auch durch die futuristisch anmutenden Schutzanzüge fühlen sich die Menschen verunsichert.

In Guineas Nachbarland Sierra Leone begann am Freitag die dreitägige landesweite Ausgangssperre. Bis zum Sonntag sollen weit über 20 000 Gesundheitsarbeiter von Haus zu Haus gehen, um die Bevölkerung über das Virus aufzuklären, mögliche Ebola-Kranke ausfindig zu machen und 1,5 Millionen Stück Seife zu verteilen. Dies soll den Erreger eindämmen. "Wir müssen die Bewegungsfreiheit für alle Bürger einschränken, um direkten Körperkontakt zu vermeiden", sagte Regierungssprecher Abdulai Baratay der Nachrichtenagentur dpa.
Augenzeugen berichteten, dass die Straßen der Hauptstadt Freetown seit Freitagmorgen völlig leer seien.

Experten stehen dem Schritt kritisch gegenüber. Es bedürfe Helfer mit viel Erfahrung, um bei einem solchen Tür-zu-Tür-Screening Menschen mit Ebola-Symptomen auszumachen, hatte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen kürzlich mitgeteilt. Zudem gebe es nicht genug Ebola-Zentren, um neue Patienten aufzunehmen.

Die Bundesregierung plant eine Luftbrücke in die Krisenregionen. Dazu will die Bundeswehr in den nächsten Tagen mit zwei Transall-Maschinen aus Dakar Versorgungsflüge in die drei besonders betroffenen Länder Liberia, Guinea und Sierra Leone starten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich besorgt über die Entwicklung. Sie sprach von einem "dramatischen Verlauf".

"Es ist im Augenblick keine Frage des Geldes, sondern der Kapazitäten und Logistik", sagte die Kanzlerin. Einen konkreten Termin für den Beginn der Luftbrücke gibt es noch nicht. Es soll aber nächste Woche losgehen. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums können pro Flug bis zu 8 Tonnen Hilfsgüter in die Krisenländer gebracht werden. Geplant ist auch der Transport einer mobilen Krankenstation.

Zusätzlich will Deutschland seine Finanzhilfe um mehr als 15 Millionen Euro aufstocken. Die Bundesregierung hatte bislang etwa 17 Millionen zur Verfügung gestellt. Am Nachmittag stand im Auswärtigen Amt ein Krisengespräch der zuständigen Ministerien auf dem Programm.
Das Außenministerium hat innerhalb der Bundesregierung die Federführung für den Kampf gegen Ebola übernommen.

Regierungssprecher Steffen Seibert wies Kritik wegen angeblich unzureichender deutscher Hilfe zurück. Ärzte ohne Grenzen hatte zuvor bemängelt, dass Berlin offensichtlich immer noch nicht das Ausmaß der Epidemie begriffen habe. So sei zum Beispiel die mobile Krankenstation ohne zugehöriges Personal wirkungslos.

Der UN-Sicherheitsrat stufte die Epidemie am Donnerstag (Ortszeit) als "Gefahr für Frieden und Sicherheit der Welt" ein. Mit einer einstimmig beschlossenen Resolution mahnte das mächtigste UN-Gremium bei einer Sondersitzung mehr Hilfe für die betroffenen Länder in Westafrika an. Zudem wollen die Vereinten Nationen noch in diesem Monat eine Sondermission nach Westafrika schicken. Es werde weitaus mehr Hilfe der internationalen Gemeinschaft gebraucht, sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. "Unsere bestmögliche Schätzung ist, dass wir die Anstrengungen verzwanzigfachen müssen." Nach Einschätzung der Weltbank könnte die Epidemie sogar die Weltwirtschaft beeinflussen.

Die Seuche hat in Westafrika bereits über 2600 Menschen getötet. Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer aus.

(AFP)
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