Erste Aussagen der Angeklagten Dutroux: Angeklagte beschuldigen sich gegenseitig

Arlon (rpo). Während des dritten Verhandlungstages gegen den mutmaßlichen Kinderschänder Marc Dutroux hat sich dieser erstmals vor Gericht geäußert und Komplizen schwer beschuldigt. Er gestand zwar die Vergewaltigung zweier Mädchen ein, schob aber die Kernverbrechen den Mitangeklagten in die Schuhe. Die stritten alles ab.

<P>Arlon (rpo). Während des dritten Verhandlungstages gegen den mutmaßlichen Kinderschänder Marc Dutroux hat sich dieser erstmals vor Gericht geäußert und Komplizen schwer beschuldigt. Er gestand zwar die Vergewaltigung zweier Mädchen ein, schob aber die Kernverbrechen den Mitangeklagten in die Schuhe. Die stritten alles ab.

Im Kinderschänder-Prozess gegen die Bande um Marc Dutroux haben sich die vier Angeklagten in ihren ersten Aussagen gegenseitig der Taten beschuldigt. Der Hauptangeklagte Dutroux bestritt vor dem Schwurgericht in Arlon am Mittwoch wesentliche Vorwürfe und gab der These eines Netzwerks mit einflussreichen Hintermännern neue Nahrung. Dutroux beschuldigte vor allem den mitangeklagten Brüsseler Geschäftsmann Michel Nihoul, die Entführungen der Mädchen in Auftrag gegeben zu haben.

An der Verschleppung von An und Eefje waren laut Dutroux auch zwei Polizisten beteiligt. Dutroux' Aussagen widersprachen in wesentlichen Teilen späteren Angaben seiner mitangeklagten Exfrau Michelle Martin, seines Komplizen Michel Lelièvre und Nihouls. Der 62-jährige sagte aus, er habe mit der Entführung der sechs Mädchen nichts zu tun.

Dutroux bestreitet Entführung

Dutroux stand dem Vorsitzenden Richter Stéphane Goux mehr als drei Stunden Rede und Antwort. Der Angeklagte gab dabei lediglich zu, im Mai und August 1996 die damals zwölfjährige Sabine und die 14 Jahre alte Laetitia verschleppt und sexuell misshandelt zu haben. Eine Beteiligung an der Entführung der achtjährigen Julie und Melissa im Juni 1995 bestritt Dutroux.

Martin sagte aus, Dutroux und sein Komplize Bernard Weinstein hätten Julie und Melissa entführt. Dutroux gab dagegen an, er habe im Juli 1995 in seinem Haus Nihoul, Martin, Lelièvre und Weinstein mit den beiden Mädchen angetroffen. Auf Wunsch Nihouls habe er Julie und Melissa bei sich untergebracht, die Mädchen aber nicht angerührt. Weinstein habe sich an Melissa vergangen, weshalb er die Kinder in einem Kellerverlies versteckt habe.

Lelièvre sagte dagegen aus, er habe Julie und Melissa nie zu Gesicht bekommen. Im Dezember 1995 wurde Dutroux wegen Autodiebstahls zu einer Haftstrafe verurteilt. Als er im März 1996 nach Hause gekommen sei, habe er die Leichen der beiden Mädchen gefunden. Laut Autopsie waren Julie und Melissa verhungert. Für den Tod Weinsteins machte er Martin verantwortlich. Martin ihrerseits beschuldigte Dutroux des Mordes an Weinstein.

Tod von Eefje eine Katastrophe

An der Verschleppung der 17 Jahre alten An und der 19-jährigen Eefje im August 1995 sei er nur am Rande beteiligt gewesen, sagte Dutroux. Lelièvre sei federführend gewesen zusammen mit zwei ihm unbekannten Personen, die sich später als Polizisten entpuppt hätten. Lelièvre sagte aus, er und Dutroux hätten die beiden Mädchen alleine verschleppt.

Laut Dutroux waren An und Eefje für kurze Zeit in dem Haus mit dem Kellerverlies untergebracht. Nach etwa drei Wochen habe sie Weinstein mitgenommen, der sich an An sexuell vergangen habe. Er selbst habe eine sexuelle Beziehung zu Eejfe mit deren Einwilligung gehabt. Dass Eefje zu Tode kam, "ist eine Katastrophe", sagte Dutroux. Lelièvre will von Dutroux erfahren haben, dass An und Eefje in einem Netzwerk verschwunden seien.

Zu den Umständen des Todes von Eefje und von An äußerte sich Dutroux nicht. Die Leichen von Julie, Melissa, An und Eefje waren kurz nach der Festnahme Dutroux' im August und September 1996 auf Grundstücken des Angeklagten ausgegraben worden. Sabine und Laetitia wurden gerettet.

Dutroux muss sich wegen Mordes an An, Eefje und Weinstein verantworten. Zudem werden ihm Entführung, Freiheitsberaubung und Vergewaltigung von An, Eefje, Julie, Melissa, Sabine und Laetitia vorgeworfen. Nihoul gilt als mögliche Verbindungsperson zu höheren Kreisen. Er soll an der Entführung und Freiheitsberaubung eines der Opfer beteiligt gewesen sein.

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