Eine Hymne auf Spleens in Bildern Ein Kalender feiert die langweiligsten Briten

London · Im Königreich wird der Spleen geschätzt. Männer mit öden Hobbys haben einen Klub gegründet.

Die langweiligsten Männer Großbritanniens
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Sie sammeln Ziegelsteine oder Milchflaschen, sie fotografieren Briefkästen oder Verkehrskreisel, sie spüren Gully-Deckel auf oder gründen eine Gesellschaft zur Rettung des Apostrophs. Sie sind die absoluten Oberlangweiler Großbritanniens und stolz darauf.

Jetzt feiert ein Kalender sie und ihre exzentrischen Hobbys in Hochglanz: Zwölf Pin-Up-Herren, einen für jeden Monat, präsentiert der Jahreskalender "Dull Men of Great Britain", der seit Oktober über Amazon und Ebay weltweit vertrieben wird.

Dem Königreich gehen zum Glück die Exzentriker nicht aus. Sie haben ihre eigene Sub-Spezies hervorgebracht: die "Dull Men", frei übersetzt: die Langweiler, und einen Verein haben sie auch gegründet. Der "Dull Men's Club", der den Kalender herausbringt, hat rund 5000 Mitglieder - alles Männer, alle meist gestandenen Alters. Der Club zelebriert das Gewöhnliche. Man hält nichts von Glanz und Glamour. Man will "Gefallen finden an den einfachen Sachen, die das Leben bietet". Dazu gehört eben auch, den Blick auf Dinge zu werfen, die anderen Menschen eher als langweilig und gewöhnlich vorkommen, die für "Dull Men" dagegen ihre ganz eigene Faszination entfalten. Erst wenn es ums Alltäglich-Prosaische geht, werden sie richtig leidenschaftlich.

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Wie zum Beispiel Archie Workman und seine Sammlung von Gully-Deckeln. Workman ist Mister März und arbeitet bei der Straßenreinigung in der Grafschaft Cumbria. "Ich finde Gully-Deckel so interessant", sagt er. "Sie haben eine Menge Geschichte. Es ist interessant, die Geometrie der Kanalisation zu verfolgen und zu sehen, wie die Abwasserleitungen zusammenhängen. Da unten gibt es eine ganze Welt, die wir nicht kennen." Recht hat Archie, und ohne ihn würden wir weniger über diese Welt wissen.

Oder David Morgan, der Mister Juli. Morgan ist ein "traffic cone"-Enthusiast, ein Sammler jener weiß-orangenen Leitkegel, die an Großbritanniens Straßen den Verkehr regeln. Der 72-Jährige sammelt seit 28 Jahren. Mehr als 500 Kegel hat er, auch ausländische. Er besitzt damit, so steht es ganz offiziell im Guinness-Buch der Weltrekorde, die weltweit umfangreichste Sammlung. "Ich habe immer einen Kegel bei mir im Auto", sagt Morgan, "denn wenn ich irgendwo ein seltenes Exemplar sehe, frage ich gleich, ob ich es tauschen kann." Kevin Beresford, der Pin-Up-Boy für Januar, begeistert sich dagegen für "roundabouts", die im Königreich so verbreiteten Verkehrskreisel. Er reist durchs ganze Land, um die Kreisverkehrs-Plätze zu fotografieren.

Die "Dull Men" stehen in der ehrwürdigen Tradition britischer Exzentriker, überzeugt davon, dass ihre Schrullen normal seien. Die Briten wissen das zu schätzen. Wie schrieb vor mehr als 150 Jahren der Philosoph John Stuart Mill: "Die Exzentrizität in einer Gesellschaft ist in der Regel proportional zu ihrem Anteil an Genialität, geistiger Vitalität und moralischem Mut."

(RP)
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