Historische Dürre in Frankreich Es war einmal ein stolzer Fluss

Paris · Frankreich erlebt die schlimmste Dürre seiner Geschichte. Mehr als 100 Gemeinden bekommen das Wasser bereits in Tanklastern geliefert, weil sie ihre Grundwasservorräte aufgebraucht haben. Einheimische reagieren verärgert auf die Sonderregelungen für Ferienhäuser und Hotels.

Winter-Dürre in Frankreich: So trocken waren die Urlaubsregionen noch nie
11 Bilder

Historische Winter-Dürre in Frankreichs Urlaubsregionen

11 Bilder
Foto: AFP/FABRICE COFFRINI

Das Loire-Tal mit seinen Schlössern gehört zu den Höhepunkten einer Frankreich-Reise. Oder besser gesagt: gehörte, denn die Loire verschwindet in diesem Sommer langsam. Der mehr als tausend Kilometer lange Fluss trocknet durch die Hitze aus. Statt eines stolzen Stroms ist zum Beispiel in Orléans nur noch ein kleines Bächlein zu sehen, das zu Fuß durchquert werden kann. „Soweit sich die Fischer erinnern, ist das noch nie so früh im Jahr passiert“, schreibt die Zeitung „Ouest France“. Die Ausflugsboote auf dem längsten Wasserlauf Frankreichs mussten bereits teilweise ihren Betrieb einstellen. In den nächsten Tagen dürfte die Loire ihren historischen Tiefstand erreichen.

In ganz Frankreich ist die Trockenheit in diesem Sommer historisch. Premierministerin Élisabeth Borne sprach vergangene Woche von der schlimmsten Dürre, die das Land je erlebte. Sie rief einen Krisenstab ins Leben, der die Wasserversorgung managen soll. Mehr als hundert Gemeinden bekommen das Wasser bereits in Tanklastern geliefert, weil sie ihre Grundwasservorräte aufgebraucht haben. Ihre Zahl könnte sich bis Ende August auf 200 verdoppeln, denn eine vierte Hitzewelle soll das Land zum Ende der Woche erfassen. Der Präfekt des Nordteils von Korsika warnte davor, dass seine Region bis Ende August kein Wasser mehr haben werde, wenn nicht gespart werde.

Doch nicht nur die beliebten Urlaubsregionen im Süden und Zentrum sind betroffen. Auch in der wegen ihres vielen Regens verschrienen Bretagne fehlt es an Niederschlägen. In den beiden großen Städten Brest und Rennes regnete es seit mehr als einem Monat nicht mehr und auf der Ferieninsel Molène wurde eine mobile Entsalzungsanlage installiert, um Einwohnerinnen und Touristen mit Trinkwasser zu versorgen.

Mehr als 60 der 101 französischen Départements haben bereits strikte Maßnahmen zum Wassersparen verhängt. Dazu gehört das Verbot, landwirtschaftliche Flächen zu bewässern, private Swimming Pools zu füllen, sein Auto zu waschen, die Blumen zu gießen oder den Rasen zu sprengen. 1500 Euro Geldstrafe werden fällig, wenn die Vorschriften missachtet werden. Allerdings gelten Ausnahmen für die Swimming Pools der Hotels, die in diesem ersten Sommer ohne Corona-Beschränkungen gut besucht sind, und für die Spielbahnen der Golfplätze. Die dürfen zwischen 20 Uhr abends und 8 Uhr morgens bewässert werden - mit 80 Prozent der üblichen Menge. „Die Praktiken der Reichen werden geschützt“, schimpfte Éric Piolle, der grüne Bürgermeister von Grenoble, im Kurznachrichtendienst Twitter. Er forderte den zuständigen Umweltstaatssekretär auf, die Ausnahme für die Golfplätze rückgängig zu machen.

Auch die Einheimischen reagierten verärgert auf die Sonderregelungen, vor allem für Ferienunterkünfte. „Wenn ich sehe, wie meine Pflanzen sterben und die Leute nebenan in den Ferienhäusern in den Pool springen, dann ist das wirklich hart“, bemerkte ein Einwohner der südfranzösischen Gemeinde Seillans in der Zeitung „Le Monde“. In dem bei Touristen beliebten Ort rationierte Bürgermeister René Ugo das Wasser auf 200 Liter pro Einwohner oder Einwohnerin und Tag. „Die Leute wollen nicht erkennen, dass sich der Klimawandel nicht am anderen Ende der Welt abspielt, sondern hier“, sagte Ugo. „Wir sind die ersten, die das in Frankreich erleben und das wird zur allgemeinen Regel werden.“

Der Loire dürfte in den nächsten Tagen ihren historischen Tiefstand erreichen.

Der Loire dürfte in den nächsten Tagen ihren historischen Tiefstand erreichen.

Foto: AFP/GUILLAUME SOUVANT

Dabei machen die Privathaushalte, die wie in Seillans nun sparen müssen, nur 24 Prozent des Wasserverbrauchs aus. 48 Prozent des Wassers nutzt die durch die Dürre besonders stark betroffene Landwirtschaft und 22 Prozent gehen auf das Konto der Energieversorger. In erster Linie ist damit die Atomkraft gemeint, die in Frankreich 70 Prozent am Energiemix stellt. Da die Hitze Flüsse wie die Rhone stark aufheizt, müssen mehrere Atomkraftwerke ihre Stromproduktion drosseln. Sie haben nämlich nicht mehr genügend Kühlwasser zur Verfügung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort