Erfunden, vertan, untergegangen Diese Inseln verschwanden wieder von der Landkarte

Düsseldorf · Phantominseln sind Inseln, die einst auf Karten verzeichnet waren, bis man feststellte: Die existieren ja gar nicht. Selbst heute gibt es über einige Gebiete keine Gewissheit.

 So stellte sich die Zeitung The San Francisco Call am 27. Juli 1913 das Crocker Land vor.

So stellte sich die Zeitung The San Francisco Call am 27. Juli 1913 das Crocker Land vor.

Foto: Library Of Congress

Als Insel sollte man sich nie zu sicher sein. Wer es einmal auf eine Landkarte geschafft hat, bleibt dort nicht unbedingt für immer. Teilweise brauchte es allerdings Jahrhunderte, bis jemand feststellte: Diese Insel gibt es gar nicht. Phantominseln heißen diese kuriosen Randnotizen der Geografie – und Atlantis ist die berühmteste unter ihnen. Doch allein der Wikipedia-Eintrag zu „Phantominsel“ führt mehr als 50 Inseln auf, die eines Tages wieder von der Landkarte getilgt wurden. Der vermeintliche Entdecker hatte bloß eine Nebelbank gesehen, war in Wirklichkeit auf Festland gestoßen oder hatte sich die Insel ausgedacht. Eine Übersicht der denkwürdigsten Fälle.

Ilha de Vera Cruz – Die Insel, die ein Land wurde

Als die portugiesischen Seefahrer um Pedro Álvares Cabral am 22. April 1500 Land entdeckten, glaubten sie, auf eine Insel gestoßen zu sein. Diese erhielt den Namen Ilha de Vera Cruz, Insel des wahren Kreuzes. Als die Entdecker bemerkten, dass sie nicht auf eine Insel, sondern auf den Teil eines bisher unbekannten Kontinents gestoßen waren, benannten sie das Gebiet um in „Terra de Santa Cruz“, Land des Heiligen Kreuzes. Heute kennen wir die Region unter dem Namen Brasilien.

Bacalao – Nix genaues weiß man nicht

Wenn es um diese Insel geht, sind sogar die Fakten ein Phantom. Gesichert ist: Bacalao tauchte im frühen 16. Jahrhundert auf portugiesischen Karten auf, das Wort bedeutet Stockfisch. Das war es aber auch schon. Laut einer Quelle erhielt João Vaz Corte-Real für die Entdeckung dieser Insel vom portugiesischen König Land auf den Azoren. Gut möglich, dass er damals allerdings Neufundland entdeckte. Ob dieser Corte-Real aber tatsächlich eine Insel entdeckte, ob er dafür Land vom König bekam – unklar. Bacalao jedenfalls verschwand bald wieder von der Landkarte.

Buss – Untergang einer nicht existierenden Insel

1578 war der englische Seefahrer Martin Frobisher sicher, mit seinem Schiff „Emanuel Of Bridgwater“ eine neue Insel entdeckt zu haben, im atlantischen Ozean in der Nähe von Irland. Mehrere Jahrhunderte wurde Buss auf Karten verzeichnet. Der englische König verlieh dem kanadischen Handelsunternehmen Hudson's Bay Company sogar die Eigentumsrechte, doch die daraufhin losgeschickte Expedition fand keine Insel. Später kam die Theorie auf, die Insel sei untergegangen. Anfang des 19. Jahrhunderts widerlegte der britische Forscher John Ross auch diese Theorie. Entweder war Frobisher einer optischen Täuschung unterlegen oder es handelte sich um Südgrönland.

Crocker Land – Erfunden statt entdeckt

Es gab keinen Grund, an seinen Worten zu zweifeln. Der US-Amerikaner Robert Peary war ein renommierter Polarforscher und wenn er behauptete, 1906 eine neue Landmasse ganz im Norden der Erde gesehen zu haben, keine Insel, nein, gleich einen ganzen Kontinent, dann würde schon was dran sein. Auch wenn er diese aus knapp 210 Kilometer Entfernung sah, als er auf dem kanadischen Axel Heiberg Island stand. Er nannte das Gebiet Crocker Land, nach George Crocker, einem Bankier aus San Francisco, der seine Expeditionen mit Geld unterstützte. 1913 brach die Crocker-Land-Expedition auf, um die Existenz der neuen Landmasse zu beweisen, erst mit dem Schiff, später auf Hundeschlitten. Daraus wurde ein filmreifes Debakel. Ein Teilnehmer erschoss einen anderen, als sie sich nicht einig über den Weg wurden. Die Rückkehr zog sich Jahre hin. Mehrere Schiffe, die sie retten sollten, blieben im Eis stecken. Crocker Land fanden sie nicht, und als 1938 ein Flugzeug über die Gegend flog, sah der Pilot dort kein Land, das Thema hatte sich erledigt. Heute geht man davon aus, dass Peary das Crocker Land erfunden hat, um vom Bankier weiteres Geld zu bekommen. In seinen Aufzeichnungen von der Expedition 1906 erwähnt er die Entdeckung jedenfalls nicht. Der Plan ging nicht auf. Crocker machte kein Geld locker und steckte es lieber in den Wiederaufbau seiner Heimatstadt San Francisco, die 1906 durch ein Erdbeben erschüttert worden war.

Rupes Nigra – die Kompassinsel

 Mercator-Karte mit dem Rupes Nigra, dem geheimnisvollen Magnetfelsen, in der Mitte

Mercator-Karte mit dem Rupes Nigra, dem geheimnisvollen Magnetfelsen, in der Mitte

Foto: Gemeinfrei

Wieso zeigt die Kompassnadel eigentlich immer Richtung Norden? Im Mittelalter und der frühen Neuzeit hatte man dafür eine naheliegende Erklärung: Am Nordpol gibt es einen riesigen schwarzen und sehr magnetischen Felsen, den Rupes Nigra. Der befand sich in einem Meer, das wiederum von vier Inseln umgeben war. Der Felsen tauchte auf vielen zeitgenössischen Karten auf, sogar der berühmte Geograph und Kartograf Gerhard Mercator war davon überzeugt.

Maria-Theresia-Riff – Sein oder Nichtsein

Die Nicht-Existenz einer Insel lässt sich genauso schwer beweisen wie die Nicht-Existenz des Einhorns. Vielleicht hat man ja bloß nicht genau genug hingeschaut. 1843 entdeckte Kapitän Asaph P. Taber mit seinem Walschiff Maria Theresa ein Stück Land im Südpazifik. Danach allerdings fand es niemand mehr. Mehrere Expeditionen im 20. Jahrhundert hatten keinen Erfolg. Doch auf einigen Seekarten ist das Riff bis heute bezeichnet. Ein Herz für die Insel hatte der französische Schriftsteller Jules Verne. In „Die Kinder des Kapitän Grant“ und „Die geheimnisvolle Insel“ taucht das Maria-Theresia-Riff auf.

Sannikow-Land – Vom Winde verweht?

In den meisten Fällen werden Phantominseln nur einmal entdeckt und dann nie wieder. Nicht so beim Sannikow-Land. Anfang des 19. Jahrhunderts war ein Team mit dem Russen Jakow Sannikow unterwegs, um die Neusibirischen Inseln zu kartografieren, als der in der Ferne Neuland entdeckte. Der Polarforscher Eduard von Toll bestätigte die Existenz der Insel durch eine Expedition Ende des 19. Jahrhunderts. Danach allerdings blieb das Sannikow-Land unauffindbar. Bei dem Versuch, es wiederzufinden, kamen Toll und seine Begleiter Anfang des 20. Jahrhunderts sogar ums Leben beziehungsweise sie wurden nie wiedergesehen. Einige wenige Wissenschaftler glauben, die Insel sei bloß durch Erosion verschwunden - so erging es auch anderen Inseln - der Großteil der Forscher bestreitet allerdings, dass das Sannikow-Land je existiert hat. Möglicherweise war die Spiegelung einer anderen Insel verantwortlich.

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