Tödliche Kälte in Afghanistan Die Kinder sterben zuerst

Düsseldorf (RPO). Im Norden Afghanistans herrscht bittere Kälte. Die Menschen in den entlegenen Dörfern sind verzweifelt. Sie haben kein Holz mehr. Draußen sind es minus 25 Grad Celsius. Auch drinnen, in den einfachen Hütten und Zelten ist es kalt. Schon hunderte Menschen sind gestorben.

Tödliche Kältewelle in Afghanistan
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Viele haben nur Sandalen und leichte Kleidung. Sie sind solche grimmigen Temperaturen nicht gewohnt. Uwe Hermann, Projektleiter der Welthungerhilfe, hat ein Dorf mit rund 300 Familien besucht. "Viele Menschen heizen mit Stroh. Holz kann sich kaum jemand leisten", berichtet er. "Ich habe viele Kinder gesehen, die nur mit Flip-Flops an den Füßen im Schnee herumstapften."

Normalerweise sinken die Temperaturen hier im Winter höchstens einmal bis knapp unter den Nullpunkt. Diesmal soll es sich um den längsten und kältesten Winter seit zehn Jahren handeln. Die heftigen Schneefälle und die extreme Kälte führen in den westlichen und nördlichen Provinzen sowie im zentralen Hochland zu schweren Versorgungsengpässen.

Eine ZDF-Reportage schildert am Montagabend das bittere Schicksal einer Familie. Die Kamera zeigt eine Frau. Sie weint ohne Unterlass. Ihr Mann hat sich umgebracht, weil er seine Familie nicht ernähren kann. Sie weiß nicht, wie es weitergehen soll. Sie hat keine Vorräte und nichts, woran sich die Kinder wärmen könnten. Die Feuerstelle im Zentrum ihrer kargen Bleibe bleibt kalt.

Vor allem die Kinder und die Alten leiden. Sie haben der Kälte am wenigsten entgegenzusetzen. 300 Menschen sind dem Winter seit Mitte Januar bereits zum Opfer gefallen. Anlass zur Hoffnung gibt es kaum. Den Behörden zufolge sind die Straßen durch den Schnee blockiert. Lebensmittel und Medikamente erreichten die Dorfbewohner nicht. Es soll kalt bleiben.

Eine Katastrophe? "Ja", sagt ein Mitarbeiter der Welthungerhilfe dem ZDF-Reporter. Schwer betroffenen ist die Provinz Farjab im Nordwesten des Landes. Der Schnee lag dort vor wenigen Tagen in 50 Zentimetern Höhe. "Das ist eine schlimme Krise", sagte Gouverneur Mohammad Omar. "60 Prozent der Straßen in die entlegenen Dörfer sind wegen des Schnees unpassierbar." Die Dorfbewohner heizen ihre Ziegelhütten mit Dung oder Holz. Wenn sie es sich leisten können.

Die Welthungerhilfe versorgt nach eigenen Angaben seit Anfang Januar in zwei Provinzen 50.000 Menschen mit Decken, Stiefeln und Nahrungsmitteln. Im Projektgebiet will sie 5000 besonders schlimm betroffenen Familien — die durchschnittliche Haushaltsgröße liegt bei zehn Personen — mit einem Notfallpaket unter die Arme greifen. Es enthält zwei Decken, vier Paar Stiefel, zwölf Paar Socken, zehn Liter Speiseöl, sieben Kilogramm Zucker und 45 Kilogramm Mehl.

Auch das Auswärtige Amt hilft. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier weiß: "Der harte Winter in Afghanistan trifft die Schwächsten der Schwachen." Vor allem Kinder und ältere Personen bräuchten jetzt Hilfe.

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