Symbol für den Zerfall Griechenlands Der Tod des Apothekers

Athen · Wer am Freitag in Athen eine Apotheke aufsuchen wollte, traf vielerorts nur auf das Schild "geschlossen". Zwei Tage vor den griechischen Parlamentswahlen streikte die Branche aber nicht etwa gegen die drakonischen Sparmaßnahmen, Pläne der Regierung, den Verkaufspreis für Arzneimittel zu senken, oder die schlechte Zahlungsmoral der öffentlichen Krankenkassen. Vielmehr gedachten die Apotheker einem der ihren. Ein 54-jähriger Vater von zwei Kindern war am Donnerstag unweit seiner Apotheke brutal niedergeschossen worden, die Täter entkamen.

 Trauer um Spyros Poukamisas. Hier wurde der Apotheker ermordet.

Trauer um Spyros Poukamisas. Hier wurde der Apotheker ermordet.

Foto: dapd, Petros Giannakouris

Der Tod von Spyros Poukamisas ist ein harter Schlag für das griechische Gemeinschaftsgefühl in Zeiten der Krise. Der Apothekerverband im Großraum Athen erklärte, der Mord spiegele die beispiellose Situation in Griechenland wider und sei weiterer Beweis für den totalen Zusammenbruch der Gesellschaft, die "unkontrollierter krimineller Aktivität ausgeliefert ist".

Was sich zunächst übertrieben anhört, ist es keineswegs. Ein Blick auf offizielle Statistiken zeigt eine Zunahme der Verbrechen in den Krisenjahren - und zwar in nahezu allen Bereichen. Zwischen 2010 und 2011 wurde beispielsweise ein Anstieg der Mordrate von fünf Prozent verzeichnet, bei bewaffneten Raubüberfällen in Häusern und Wohnungen gar von dramatischen 110 Prozent.

Touristen dürften durch solche Zahlen eher von einem Besuch abgeschreckt werden. Fatal für ein Land, in dem der Tourismus eine tragende Säule der Wirtschaft ist. Die Regierung steuert gegen. In der Kampagne "Die wahre Geschichte über Griechenland" werden griechische Sehenswürdigkeiten, Thermalquellen und weiße Strände angepriesen. Die Kultur- und Tourismusministerin Tatiana Karapanagioti kritisierte die Untergangsszenarien für Griechenland als unwahre Mythen. Griechenland sei bei den Touristen beliebt wie nie zuvor, 2011 die Rekordzahl von 16,5 Millionen Besuchern erreicht worden.

"Wiege der Demokratie ist sicher"

Die Parlamentswahlen am Sonntag beunruhigen sie keineswegs.
Natürlich wisse sie um deren Bedeutung, schrieb Karapanagioti in einem Kommentar in der "Huffington Post" diesen Monat. "Doch die Wiege der Demokratie ist so ungefährlich, sicher und ruhig wie eh und je."

Verlieh das Griechenland der Antike der Welt Logik, Gerechtigkeit und Geometrie, hat es nun mit einem erdrückenden Schuldenberg, Rekordarbeitslosigkeit und einem inflationären Anstieg der Verbrechensraten zu kämpfen.

Griechischen Medien zufolge war Poukamisas schon öfter auf offener Straße überfallen worden. Seine Apotheke befindet sich in dem eher düsteren Hafenviertel Piräus. Bevor die beiden Männer ihn erschossen, soll er noch gesagt haben, "Nicht dieses Mal, Jungs".

Bereits am Donnerstag hatten viele Apotheken aus Solidarität mit dem Opfer und seinen Angehörigen mehrere Stunden geschlossen, am Freitag öffneten etliche den ganzen Tag nicht.

(APD)
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