Hintergrund zu Günther Grass neuem Gedichtband Der Spionagefall Vanunu

Berlin · Wochenlang wurde er vermisst, dann bestätigte die israelische Regierung: Wegen Verrats von Staatsgeheimnissen sitzt der frühere Atomtechniker Mordechai Vanunu in israelischer Haft.

In den 1980er Jahren hatte der gebürtige Marokkaner der britischen Zeitung "Sunday Times" Atomgeheimnisse verraten. Internationale Experten konnten daraus schließen, dass Israel schon damals Kernwaffen besaß - für viele ein offenes Geheimnis.

Die Rache folgte 1986: "Cindy", eine blonde Spionin, lockte Vanunu von London nach Rom, wo ihn Agenten des Geheimdienstes Mossad nach Israel entführten. Nach 18 Jahren Haft kam der Nukleartechniker 2004 zunächst wieder auf freien Fuß. Mehr als elf Jahre hatte er in Isolationshaft verbracht.

"Ihr habt es nicht geschafft, mich zu zerbrechen", sagte er damals. "Ich bin stolz und glücklich, getan zu haben, was ich tat." Um weitere Enthüllungen zu verhindern, war Vanunus Entlassung an strikte Auflagen geknüpft: Er durfte das Land nicht verlassen und musste sich Kontakte mit Ausländern genehmigen lassen.

"Für seinen Mut und seinen Opferwillen bei der Enthüllung des enormen Umfangs von Israels Atombombenforschung" war Vanunu schon 1987 der Alternative Nobelpreis zuerkannt worden, den er aber erst 2005 entgegennehmen konnte. Vergeblich bat er unter anderem in Schweden und Norwegen um politisches Asyl.

Wegen Verstoßes gegen die Bewährungsauflagen musste Vanunu 2007 erneut ins Gefängnis. Seine Nominierung für den Friedensnobelpreis lehnte er 2009 ab. Begründung: Er wolle nicht auf derselben Liste stehen wie Israels 1994 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneter Präsident Schimon Peres. Denn der gab den Befehl zu Vanunus Entführung.

(dpa)
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