Gavrilo Princip schoss am 28. Juni 1914 auf Erzherzog Franz-Ferdinand Der Mann, der den Ersten Weltkrieg auslöste

Sarajevo · "Schwer vorstellbar, dass dieser kleine, schweigsame und bescheidene Mann einen solchen Mord begangen hat", befand einer der Richter von Gavrilo Princip. Vor Gericht stand der junge bosnische Serbe, weil er den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz-Ferdinand in Sarajevo erschossen hatte.

Gavrilo Princip - der Mann der auf Franz Ferdinand schoss
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Die Tat vom 28. Juni 1914 schickte Schockwellen durch die Welt und führte schließlich zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs.

Hundert Jahre später ist sich die Nachwelt uneinig in ihrem Urteil über Princip: war er ein nationalistischer Terrorist oder ein glühender Patriot? Die einen verehren den zur Tatzeit 19-Jährigen als Helden, der die Serben und mit ihnen alle Slawen von der österreichisch-ungarischen Besatzung befreien wollte. Die anderen sehen in Princip einen "Terroristen", der am Ursprung einer der größten Katastrophen des 20. Jahrhunderts stand.

"Ich würde ihn weder als Verbrecher noch als Terroristen betrachten", sagt der Historiker Christopher Clark, der mit dem Buch "Die Schlafwandler" ein vielbeachtetes Werk über den Ersten Weltkrieg vorgelegt hat. Princip sei Teil der "komplexen Geschichte Europas". Alle Großmächte der Zeit hätten Anteil am Ausbruch des Kriegs gehabt.

Als Kind krank und schwächlich

Gavrilo Princip wird 1894 in dem abgeschiedenen Dorf Oblja im heutigen Bosnien geboren. Schon als Kind erkrankt er an Tuberkulose, die ihn sein Leben lang begleiten wird. Der Junge flüchtet sich in Bücher, verschlingt Werke von Alexandre Dumas, Oscar Wilde oder Walter Scott.

Mit 13 folgt er seinem älteren Bruder nach Sarajevo, wo er 1911 das Abitur macht. Er liest historische und politische Werke und beginnt, sich für revolutionäre und anarchistische Ideale zu begeistern.

"Reserviert und wortkarg"

"Bücher sind alles für mich", sagt Princip dem österreichischen Psychiater Martin Pappenheim, der ihn nach seiner Verurteilung zu 20 Jahren Haft mehrfach im Gefängnis besucht. Auf den ersten Blick sei der junge Mann "reserviert und wortkarg" gewesen, aber er konnte auch "zynisch und hart" sein, schreibt sein Biograph Drago Ljubibratic.

1912 reist Princip nach Belgrad, Zentrum eines wachsenden Nationalismus, der gegen die österreichisch-ungarische Krone aufbegehrt. Im ersten Balkankrieg gegen das Osmanische Reich versucht der junge Mann, in den Dienst der serbischen Armee zu treten, wird jedoch wegen seiner schmächtigen Statur und angeschlagenen Gesundheit abgelehnt. Aus demselben Grund weist ihn die serbische Nationalistenbewegung "Schwarze Hand" zurück.

Diese Kränkungen hätten sicher Princip in seiner Motivation bestärkt, das Attentat von Sarajevo zu begehen, "um zu beweisen, dass er etwas kann", glaubt der serbische Historiker Wladimir Dedijer.

"Hass auf das österreich-ungarische Reich"

Princip findet schließlich Aufnahme in der Bewegung Mlada Bosna (Junges Bosnien), einer Gruppe aus kommunistisch und anarchistisch gesinnten Serben, Kroaten und Muslimen, geeint vom "Hass auf das österreich-ungarische Reich", wie der Schriftsteller Momcilo Zlatanovic sagt. Ihr Ziel: alle Slawen in einem einzigen Staat zu vereinen, Jugoslawien.

1914 erfährt die Gruppe von dem bevorstehenden Besuch Franz-Ferdinands in Sarajevo, und der Plan für das Attentat wird geboren. Am Tag des 28. Juni nimmt die Kolonne von Franz Ferdinand einen falschen Weg und muss deswegen umdrehen.

Durch Zufall kommt Princip so zu stehen, dass er nur vorzutreten braucht, um den Erzherzog und seine Frau aus nächster Nähe zu erschießen.

Princip entgeht der Todesstrafe, weil er zur Tatzeit gerade noch unter 20 Jahre alt ist, und wird zu 20 Jahren Haft verurteilt. Doch schon 1918 stirbt Princip, geschwächt durch die Tuberkulose und bis auf die Knochen abgemagert, im Gefängnis von Theresienstadt im heutigen Tschechien - wenige Monate vor dem Ende des Krieges, den er mit ausgelöst hat.

(DEU)
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