Amstetten-Prozess in St. Pölten Das Gesicht des Josef F.

St. Pölten (RPO). Zweiter Tag im Inzest-Prozess gegen Josef Fritzl. Der 73-Jährige, der seiner Tochter Elisabeth laut Staatsanwaltschaft jahrzehntelang ein "unvorstellbares Martyrium" bereitet hat, verbarg auf dem Weg in den Gerichtssaal erneut sein Gesicht hinter einem blauen Aktenordner und schwieg. "Er hat sich einfach geniert", erklärte Verteidiger Rudolf Mayer. Trotzdem gelang einem Fotografen ein Schnappschuss des Gesichtes ohne vorgehaltenen Ordner.

Josef Fritzl vor Gericht
23 Bilder

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Im Saal des Gerichts im niederösterreichischen St. Pölten werden die acht Geschworenen heute hören, wie die jahrelang eingekerkerte Tochter Elisabeth ihr Martyrium schildert. Die Öffentlichkeit ist ausgeschlossen. Das Schweigen des Angeklagten gegenüber den Medien hält weiter an.

Videoaussage wird fortgesetzt

Am zweiten Prozesstag hört das Schwurgericht weitere Teile der auf Video aufgenommenen Aussage der Tochter Elisabeth. Ihr Vater und Folterer soll nach einzelnen Abschnitten Stellung nehmen. Elisabeth wurde laut Anklage 24 Jahre lang von ihrem Vater in einem Kellerverlies gefangengehalten, vergewaltigt und mit sieben Kindern geschwängert.

Eines von ihnen starb wenige Tage nach der Geburt. Den deshalb erhobenen Vorwurf des Mordes durch Unterlassung hatte Fritzl zu Prozessbeginn am Montag zurückgewiesen, ebenso den Vorwurf der Sklaverei. In den Anklagepunkten Inzest und Freiheitsberaubung bekannte er sich jedoch für schuldig und der Nötigung und Vergewaltigung teilweise schuldig.

Um die Intimsphäre der Opfer zu schützen, hat das Gericht die Öffentlichkeit vom Verfahren ausgeschlossen. Das ist bei Sexualdelikten üblich. Und es ist ein Zeichen, dass Österreich nicht noch einmal zulassen will, dass das Leben der Opfer von Josef Fritzl zur Medienware wird. Die Berichterstattung über die Opfer hatte in den ersten Wochen nach Bekanntwerden des monströsen Falles Züge einer Menschenjagd angenommen.

Fotos im britischen Boulevard

Für Fotos von den drei Kindern Fritzls, die im Keller aufgewachsen waren, sind aberwitzige Prämien ausgesetzt. Zusammen mit ihrer Mutter Elisabeth und ihren drei bei Josef Fritzl großgezogenen Geschwister hatten sie Zuflucht in einer psychiatrischen Klinik gesucht. Im Dezember 2008 wagten sie sich heraus und zogen unter fremdem Namen an einen geheimen Ort.

Im Februar veröffentlicht die britische Boulevard-Zeitung "The Sun" Fotos von Fritzls Tochter Elisabeth. Ein Paparazzi hat sie zusammen mit einem ihrer Kinder beim Einkaufen erwischt. Die Zeitung verbreitet die Aufnahmen in einer Auflage von knapp 4,5 Millionen und bietet sie zum Verkauf an. Auf dem europäischen Kontinent werden sie nicht gezeigt. Elisabeth hatte mehrfach an die Medien appelliert, sie und ihre Familie in Ruhe zu lassen. Vergebens.

Sicherheit hinter den Mauern der Klinik

Für die Dauer des Prozesses wurden Fritzls Opfer sicherheitshalber wieder in der Klinik untergebracht, wo sie auch ihre ersten Wochen in Freiheit verbracht hatten. Wo Fritzls Opfer danach leben werden, ist nicht bekannt. Ihren vorherigen Aufenthaltsort hatten die Boulevard-Reporter schon herausgefunden und sollen ihn sogar veröffentlicht haben.

Zumindest das, was in ihrem Inneren vorgeht, soll ihnen bleiben. Darum bleibt ihnen der Gang vor Gericht und die Konfrontation mit Josef erspart. Sie haben vor der Kamera ausgesagt. Elf Stunden lang ist das Video. Neben dem Film und ein paar Gutachtern sind keine weiteren Zeugenaussagen vorgesehen.

Urteil schon am Donnerstag möglich

Das Urteil im Amstettener Inzest-Prozess könnte nach österreichischen Justizangaben möglicherweise bereits am Donnerstag fallen. Der Sprecher des Landesgerichts St. Pölten, Franz Cutka, sagte am Montag auf einer Pressekonferenz, das hänge vom Ablauf des Verfahrens ab. Bislang ist die Urteilsverkündung für Freitag geplant.

Nach dem Ausschluss der Öffentlichkeit am ersten Verhandlungstag wurde damit begonnen, die Videovernehmung der Tochter des Angeklagten Josef Fritzl vorzuspielen, wie Cutka weiter mitteilte. Die Vernehmung werde immer wieder unterbrochen, damit der Angeklagte Stellung nehmen könne. Die Verhandlung soll am Dienstagmorgen um 9.00 Uhr damit fortgesetzt werden. Insgesamt sind die Aufnahmen etwa elf Stunden lang. Deshalb bleibe die Öffentlichkeit am Dienstag weiter ausgeschlossen, sagte der Gerichtssprecher.

mit Agenturmaterial

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