Chronologie der Ausschreitungen So verlief der Sturm auf das Kapitol in Washington

Washington · Am Kapitol in Washington spielen sich nie da gewesene Szenen ab. Proteste von Anhängern des abgewählten Präsidenten Trump arten in Gewalt aus. Es gibt Tote, das Kapitol wird evakuiert. Eine Chronik der Ereignisse.

Sturm auf US-Kapitol: Bilder zeigen die Krawalle in Washington
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Trump-Anhänger stürmen Kapitol in Washington

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Foto: AP/Manuel Balce Ceneta

Am Mittwoch, den 6. Januar 2021 überschlagen sich die Ereignisse am und im Kapitol in Kostenpflichtiger Inhalt Washington DC. An dem Tag, als der US-Senat die Wahl des neuen Präsidenten offiziell zertifizieren soll, stürmen Anhänger des abgewählten Präsidenten Donald Trump das Kongressgebäude. Die Sitzung wird unterbrochen, das Gebäude evakuiert. Wir versuchen, die Eskalation schrittweise zu sortieren und zumindest grob in eine chronologische Reihenfolge zu bringen. Die Uhrzeiten sind Ortszeiten, die Zeitverschiebung nach Deutschland beträgt sechs Stunden.

Kurz vor 12 Uhr: US-Präsident Donald Trump dürfte den Zeitpunkt des Auftritts vor seinen Unterstützern am Mittwoch bewusst gewählt haben. Kurz vor 12 Uhr mittags tritt der Republikaner auf die Bühne unweit des Weißen Hauses. Gut eine Stunde später soll im nahen Kapitol der Kongress zusammenkommen, um Trumps Wahlniederlage gegen den Demokraten Joe Biden bei der Präsidentenwahl zu bestätigen. Es ist die letzte formelle Hürde vor der Vereidigung Bidens in zwei Wochen, das weiß auch der abgewählte Amtsinhaber - der sich mit zunehmender Verzweiflung gegen seine Niederlage stemmt.

Trump feuert seine Anhänger dazu an, vor das Kapitol zu ziehen. „Wir werden dort hingehen, und ich werde bei Euch sein“, ruft Trump, auch wenn er letzteres offenbar symbolisch meint, weil er anschließend ins Weiße Haus zurückkehrt. „Wir werden nicht zulassen, dass sie Eure Stimmen zum Schweigen bringen“, ruft Trump. „Wir werden niemals aufgeben.“

13 Uhr: Beide Kammern des US-Kongresses versammeln sich, um die Wahl des Demokraten Joe Biden zum nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten zu bestätigen. Zwar haben einige Republikaner ihren Widerstand angekündigt, doch allgemein wird am Ende mit einer Bestätigung gerechnet.

14 Uhr Hunderte Trump-Anhänger sind nach Abschluss der Kundgebung vor dem Weißen Haus nun am Kapitol angekommen. Es kommt zu ersten Zusammenstößen zwischen Protestlern und Polizei vor dem Gebäude. Gegen 14.15 Uhr überwinden die ersten die Absperrungen und dringen in das Kongresshaus ein. Die Sicherheitskräfte wirken überrumpelt, viele Demonstranten tragen Kleidung, Flaggen und Parolen mit Symbolen der amerikanischen Rechten und Verschwörungstheoretikern. Einige sind bewaffnet.

14.45 Uhr Bereits wenige Minuten nach dem Eindringen der Demonstranten ist das Gebäude evakuiert, die Sitzung des Senats ist unterbrochen. Die Politiker wurden in Sicherheit gebracht. Der rechte Journalist Elijah Schaffer twittert, dass er sich mit anderen Trump-Anhängern im Büro von Nancy Pelosi befindet, der Vorsitzenden des Repräsentantenhauses. Auch in den großen Sitzungssaal sind die Demonstranten bereits eingedrungen, setzen sich auf die Stühle der Abgeordneten und machen Selfies. Im Plenarsaal haben Sicherheitskräfte die Tür mit einem großen Schreibtisch verbarrikadiert und versuchen so, die Eindringlinge davon abzuhalten, auch diesen Raum zu stürmen.

15.13 Uhr Donald Trump fordert seine Anhänger via Twitter dazu auf, auf Gewalt zu verzichten und auf die Sicherheitskräfte zu hören. Er fordert sie allerdings nicht explizit dazu auf, das Kapitol zu verlassen und kritisiert sie auch nicht für ihr Handeln.

Gegen 15.30 Uhr Mehrere Fernsehsender zeigen, wie Sanitäter eine verletzte Person abtransportieren. Später wird bestätigt, dass eine Frau von der Washingtoner Polizei angeschossen wurde und gestorben ist. Derweil zerstören mehrere Demonstranten Kameras, Mikrofone und andere TV-Ausrüstung, die von Journalisten in der Eile der Evakuierung zurückgelassen wurde.

Gegen 16.30 Uhr Spezialeinheiten des FBI räumen das Kongressgebäude. Auf Twitter ist zu sehen, wie hunderte schwer bewaffnete Agenten durch die Gänge, Büros und Säle des Kapitols rennen. Sowohl auf dem Areal vor dem Kongresshaus als auch im Inneren setzt die Polizei Tränengas ein. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden lediglich 13 Demonstranten verhaftet.

Gegen 17 Uhr Mehrere Senatoren bestätigen, dass die Stimmzettel der Wahlleute gerettet werden konnten. Ohne sie hätte die Wahl von Joe Biden nicht korrekt durchgeführt werden können. Das Ziel der Eindringlinge, die Wahl zu verhindern, ist damit verhindert worden.

17.50 Uhr „Das Kapitol ist nun gesichert“, teilt der oberste Sicherheitsbeauftragte des Parlamentsgebäudes mit. Alle Trump-Anhänger haben das Kapitol inzwischen verlassen. Fast zeitgleich trifft die Nationalgarde vor dem Gebäude ein, die Präsident Trump vor mehr als zwei Stunden bestellt hatte.

18 Uhr Für ganz Washington DC gilt eine Ausgangssperre für die Nacht.

18.40 Uhr Die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, kündigt an, dass der Kongress die Zertifizierung des Wahlergebnisses noch am selben Abend fortsetzen wolle. 

19.15 Uhr Twitter und Facebook sperren den Account von US-Präsident Donald Trump für die nächsten 24 Stunden. Sie begründen die Maßnahme mit „schweren Verstößen gegen die Regeln“ der sozialen Netzwerke.

Gegen 19.30 Uhr Die ersten Abgeordneten kehren in die Räume des Kapitols zurück.

20 Uhr Der Kongress hat sich wieder im Plenarsaal zusammengefunden. Vize-Präsident Mike Pence eröffnet die Fortsetzung der Sitzung zur Zertifizierung des Wahlsiegs von Joe Biden mit den Worten: "Die Gewalt siegt nie. Möge Gott alle, die hier dienen und diesen Ort schützen, segnen. Lasst uns zurück an die Arbeit gehen."

04.45 Uhr Alle Stimmen sind ausgezählt: Der Kongress bestätigt formal den Wahlsieg von Joe Biden. Trump kündigte anschließend eine „geordnete“ Amtsübergabe an seinen Nachfolger an.

(top/siev)
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