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6,5 Millionen Helfer nehmen Arbeit auf China zählt seine Menschen

Peking (RP). 6,5 Millionen chinesische Volkszähler beginnen Anfang November mit dem größten Zensus der Geschichte. Das Problem: Nur zehn Tage haben sie, um die inzwischen extrem mobilen Wanderarbeiter zu erfassen.

 In China beginnt im November die Volkszählung - 6,5 Millionen Helfer sind mit dabei.

In China beginnt im November die Volkszählung - 6,5 Millionen Helfer sind mit dabei.

Foto: AFP, AFP

Chinas oberster Bevölkerungsstatistiker Feng Nailin verbringt derzeit schlaflose Nächte: Wie kann er trotz einer massiven Wanderung von 210 Millionen Wanderarbeitern, die im Chinesischen "Liudong Renkou" ("mobile Bevölkerung") genannt werden, innerhalb von gerade einmal zehn Tagen die Bevölkerung genau zählen. "Das ist unser größtes Problem", gesteht der Vizechef der Pekinger Koordinationsgruppe für den Zensus 2010, der zum Stichtag 1. November beginnen soll.

Nach zehn Jahren Liberalisierung des Arbeitsmarktes und Urbanisierung im Eiltempo hat sich China in ein Land verwandelt, in dem ständig Millionenmassen unterwegs sind. In hunderten Städten auf unzähligen Baustellen und in Fabriken arbeiten Menschen, die aus den ländlichen Dörfern oder Kleinstädten stammen. Nur dort sind sie auch unter dem aus planwirtschaftlichen Zeiten stammenden Meldesystem "Hukou" registriert.

Feng und seinem am 1. November ausschwärmenden Heer von 6,5 Millionen Volkszählern bleibt nur eine Wahl: "Wir wollen sie dort finden und befragen, wo sie sich zum Stichtag der Volkszählung aufhalten und arbeiten. Wir müsssen auf die Baustellen und in ihre Gemeinschaftsunterkünfte gehen." Beim letzten Zensus 2000 wurden in China 1,265 Milliarden Menschen gezählt, von denen noch 800 Millionen auf dem Land lebten. Weniger als 100 Millionen arbeiteten auswärts. Die Zähler konnten damals noch bei ihren Familien in den Dörfern nachfragen.

Zehn Jahre später hat sich die Landflucht beschleunigt. Fast ebenso viele Menschen leben in den Städten wie auf den Dörfern. Bevölkerungsexperte Duan Chenrong von der Pekinger Renda-Universtät, der zum Beraterteam der Volkszähler gehört, empfiehlt unkonventionelle Zählmethoden. Bei den Tagelöhnern auf Baustellen reiche es nicht, in Gemeinschaftsräumen nur nach ihren Schlafstellen zu schauen.

"Zählt lieber die Zahnbürsten im Waschraum"

"Zählt lieber die Zahnbürsten im Waschraum", rät er. Bei einem Test fanden Volkszähler heraus, dass sich 25 Bauernarbeiter einen Acht-Betten Schlafraum teilten. Sie arbeiteten und schliefen in Schichten. "Im Waschraum aber lagen 25 Zahnbürsten", sagt Duan.

Der Countdown zur größten, aufwendigsten und mit umgerechnet fast einer Milliarde Euro auch teuersten Volkszählung der Welt läuft an. Die Planer haben das Land bis auf die 680 000 Dörfer hinab in fünf Millionen Abfragestellen unterteilt, vom Pekinger Straßenviertel bis zum Hunderte Quadratkilometer großen Steppengebiet in der Inneren Mongolei.

Innerhalb von zehn Tagen müssen alle Volkszähler die ihnen jeweils zugeteilten 80 bis 100 Haushalte aufsuchen und etwa 250 bis 300 Personen ihre je 28 Fragen stellen. Im April 2011 sollen die Ergebnisse veröffentlicht werden. Wirtschaftsplaner, Sozialwissenschaftler und Psychologen versprechen sich neue Einsichten über den umwälzenden Wandel seit dem Beginn der Reformen 1980. Chinas Sozial- und Familienstruktur steht auf dem Kopf.

In den Metropolen gibt es eine deutliche Zunahme von Single-Haushalten ebenso wie der Zahl der "leeren Nester", in denen Rentner wohnen. Wegen der Ein-Kind-Politik kippte in keiner anderen Gesellschaft der Welt die Alterspyramide so schnell wie in China, mit unabsehbaren Belastungen für die im Aufbau befindenden Renten- und Gesundheitssysteme.

Für die sechste Volkszählung, die erstmals auch alle in China lebenden und arbeitenden Ausländer erfassen soll, wurde die Hälfte der Zähler privat angeworben und muss für den schwierigen Job bezahlt werden. Vielen wurde während der Vorbereitungen die Tür vor der Nase zugeknallt, oder ihnen wurden Prügel angedroht, berichteten lokale Zeitungen. Die Volkszähler verzichten deshalb von vornherein auf heikle Fragen etwa zum Einkommen oder zur Religionszugehörigkeit.

(RP)
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