Paris Überlebender schildert Anschlag auf "Charlie Hebdo"

Paris · Zwölf Menschen sind bei dem Terroranschlag auf die französische Satire-Zeitung "Charlie Hebdo" ums Leben gekommen. Das Attentat ereignete sich während der Redaktionskonferenz. Ein Journalist, der bei der Konferenz dabei war und überlebt, schildert nun die grauenvollen Minuten.

"Charlie Hebdo": Attentäter nehmen Geisel nahe Paris
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Der Journalist Laurent Léger verdankt sein Leben einem Reflex: Als er am Mittwochvormittag einen vermummten, schwarz gekleideten Mann mit einem Maschinengewehr in den Redaktionssaal von "Charlie Hebdo" stürmen sah, warf er sich hinter einen Ecktisch. Von da aus musste er hilflos mit ansehen, wie einer seiner Kollegen nach dem anderen kaltblütig erschossen wurde.

Léger ist einer der wenigen Überlebenden des Anschlags, in dessen Verlauf die Attentäter zwölf Menschen töteten. Im Sender France Info schilderte er, was er am Ort der Bluttat sah. "Die Redaktionskonferenz war gerade zu Ende. Plötzlich hörte man etwas krachen, dann ging die Tür auf und ein Typ stürzte herein und schrie 'Allahu Akbar'" (Gott ist groß), sagte Léger. "Er sah aus wie einer von (den Eliteeinheiten) GIGN oder Raid, er war vermummt, komplett schwarz, er hielt eine Waffe in beiden Händen, und dann ging das Schießen los, Pulvergeruch. Ich konnte mich hinter einen Tisch in einer Ecke werfen", sagte Leger.

"Ich sah eine Menge Blut. (...) Ich sah den Horror"

Der Eindringling habe "Charb" gerufen, den Künstlernamen von Zeitungschef Stéphane Charbonnier, berichtete Léger weiter. "In einigen Sekunden waren alle am Boden (...) Dann war da plötzlich Stille. Eine lange Stille." Anschließend habe er Schritte gehört, der Schütze habe mit einem zweiten Mann gesprochen. Erst da habe er verstanden, dass es zwei Angreifer gab.

"Ich dachte, sie würden herumgehen und nach Überlebenden suchen", sagte Léger. Doch die Männer hätten den Raum voller lebloser Körper schließlich verlassen. "Ich sah eine Menge Blut, ich sah die Hälfte des Redaktionsteams am Boden. Ich sah den Horror", berichtete der Journalist. Er könne immer noch nicht fassen, dass er selbst dem Anschlag entkommen ist.

Bei dem Attentat wurden zwölf Menschen getötet, unter ihnen Charb, der seit 2012 unter Polizeischutz stand, und sieben weitere Mitarbeiter von "Charlie Hebdo". Zu den Opfern gehören vier Karikaturisten, die zu den beliebtesten und bekanntesten Zeichnern in Frankreich zählten, und der Wirtschaftsjournalist Bernard Maris. Getötet wurden außerdem ein Besucher, der zu der wöchentlichen Redaktionskonferenz eingeladen worden war, ein Angestellter einer Reinigungsfirma und zwei Polizisten — von denen einer für den Personenschutz von Charb verantwortlich war.

Zunächst an einen Scherz geglaubt

Der französischen Zeitung "Le Parisien" hatte Leger zudem berichtet, dass zunächst alle gedacht hätten, es handele sich um einen Scherz. "Es war die erste Nachrichtenkonferenz des Jahres", sagte er. "Manche von uns kamen gerade aus dem Urlaub zurück. Es herrschte eine euphorische Stimmung."

Dann hätten sie auf der Straße Geräusche gehört, die nach Feuerwerkskörpern klangen — und dem entsprechend keine Beachtung mehr geschenkt. In diesem Moment sei der Mann in den Raum gekommen. "Wir dachten immer noch, es sei ein Scherz", schilderte er der Zeitung. "Aber dann rochen wir den starken Geruch von Schießpulver, der aus demk Korridor kam, und wir haben alle gemerkt, dass dies kein Scherz war."

Die Zeichnerin Corinne Rex, alias Coco, hatte berichtet, wie sie von den Attentätern gezwungen wurde, die Eingangstür zu öffnen. "Ich hatte meine Tochter von der Tagesstätte abgeholt, als wir an der Tür des Gebäudes ankamen, haben uns zwei vermummte und bewaffnete Männer brutal bedroht", sagte die junge Frau. Unter der Drohung habe sie den Sicherheitscode getippt, und die Männer seien ins Gebäude eingedrungen.

(das/AFP)
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