Satiremagazin erscheint nach Anschlag "Charlie Hebdo" kehrt zurück — Ausgabe nach kurzer Zeit vergriffen

Paris · Das französische Satire-Magazin "Charlie Hebdo" hat am Mittwoch die erste Ausgabe seit dem Terrorangriff vor einer Woche mit einer Mammut-Auflage veröffentlicht. Der Ansturm auf die Verkaufsstellen in Frankreich ist riesig. Vielerorts war das Magazin nach kurzer Zeit vergriffen.

"Charlie Hebdo"-Ausgabe in kurzer Zeit ausverkauft
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Foto: dpa, el ks

Das Cover der ersten "Charlie Hebdo"-Ausgabe nach dem Anschlag auf die Redaktion zeigt einen weinenden Propheten Mohammed, der ein Schild mit der mittlerweile weltbekannten Solidaritätsbekundung "Je suis Charlie" in den Händen hält. Drei Millionen Exemplare sollten in 25 Ländern verkauft werden - darunter auch in der Türkei. Wegen des Ansturms wurde die Auflage auf fünf Millionen Exemplaren erhöht.

 Vor den Verkaufsstellen bildeten sich am frühen Morgen lange Schlangen. Viele Kunden hatten ein Exemplar des Satiremazins "Charlie Hebdo" reserviert. Viele gingen leer aus.

Vor den Verkaufsstellen bildeten sich am frühen Morgen lange Schlangen. Viele Kunden hatten ein Exemplar des Satiremazins "Charlie Hebdo" reserviert. Viele gingen leer aus.

Foto: afp, nb

Am Mittwochmorgen bildeten sich Schlangen vor vielen Verkaufsstellen in Paris. Vielerorts war die Ausgabe innerhalb kürzester Zeit vergriffen. Die neue Ausgabe war bereits am Morgen in allen 27.000 Zeitungsläden Frankreichs ausverkauft, wie die Presse-Handelsvereinigung UNDP mitteilte. Viele Stammkunden hätten sich schon im Vorfeld Exemplare reserviert, berichteten Verkäufer nach dem Verkaufsstart in den frühen Morgenstunden.

Die Karikatur auf dem Titel ist versehen mit der Überschrift: "Tout es pardonné" (Alles ist vergeben). Dies bedeute, dass die Journalisten den Extremisten die Attacke vergäben, erkärte die beteiligte Redakteurin Zineb El Rhazoui. Ihr Kollege Renald Luzier, der die Karikatur unter dem Pseudonym "Luz" zeichnete, sagte bei einem emotionalen Presseauftritt über die Figur auf dem Cover erst, es handele "sich nur um einen kleinen Typen, der weint." Dann fügte er hinzu: "Ja, es ist Mohammed."

Islamisten, Politiker und die Kundgebung in Paris

"Charlie Hebdo" - Die Opfer der Schießerei in Paris
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"Charlie Hebdo" - Die Opfer der Schießerei

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Im Heft selbst sind keine Mohammed-Karikaturen mehr zu finden. Stattdessen Bilder von radikalen Islamisten. In einer Zeichnung wird beispielsweise darauf angespielt, dass einer der Attentäter bei einem Entsorgungsbetrieb arbeitete. In der Karikatur steht der Abfallsortierer ratlos vor zwei Mülltonnen, von denen eine die Aufschrift "Gut" und die andere die Aufschrift "Böse" trägt. "Das ist zu kompliziert", steht dazu in der Sprechblase. In einer anderen Karikatur fragen die von der Polizei getöteten Attentäter im Himmel nach Jungfrauen, die sie von Gott als Belohnung für ihren Terrorangriff erwarten. Die seien alle beim Team von Charlie, wird ihnen aus einer Wolke zugerufen, in der eine wilde Party steigt.

Aber auch die Solidaritätskundgebung in Paris wird abgebildet: Man sieht Menschen, die sich lange nicht gesehen haben und sich wieder treffen, Fotografen, die Busse mit den Politikern — unter anderem mit Merkel und Netanjahu und eine Gegendemo der Le-Penisten mit Plakaten mit der Aufschrift: "Wir sind bei uns daheim" oder "Ich bin rassistisch".

Auch Politiker und Prominente kommen in der Ausgabe vor. Darunter Merkel, die sagt: "Ich habe nie die Hosen an", und auch Madonna, die "Charlie" unterstützt: "... und ich werfe ihnen mein Unterhöschen zu".

Die Karikaturisten des Magazins nehmen sich auch selbst auf dem Arm, zeichnen sich und darunter Politiker mit der Überschrift: "Eine Familie von Clowns dezimiert, zehn neue Clowns gefunden".

Auflage in mehreren Sprachen

Normalerweise erscheint das Magazin mit einer Auflage von rund 60.000 Exemplaren, nun sollen ab Mittwoch drei Millionen Stück in mehreren Sprachen erhältlich sein, darunter Italienisch, Englisch, Spanisch und Arabisch. Einige Übersetzungen werde es als digitale Ausgabe geben, teilte die "Charlie Hebdo"-Leitung mit. Fertiggestellt wurde die Ausgabe in den Räumen der Zeitung "Libération". Mit den Einnahmen sollen die Familien der Attentatsopfer unterstützt werden.

In Teilen soll die neue Ausgabe auch in der Türkei erscheinen. Das Blatt werde in türkischer Sprache der renommierten Tageszeitung "Cumhuriyet" beigelegt, sagte "Charlie Hebdo"-Chefredakteur Gérard Biard am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. Die türkische Ausgabe sei "die wichtigste" überhaupt. Ein Mitarbeiter von "Cumhuriyet" sagte dazu, nach langer Diskussion habe sich die Leitung der Zeitung entschieden, nicht die ganze Ausgabe, sondern nur vier Seiten der Zeitschrift zu veröffentlichen.

Der neue Titel der Zeitung war rund um den Globus von zahlreichen Medien vorab veröffentlicht worden. Die meisten türkischen Zeitungen beschrieben die Titelseite der neuen Ausgabe von "Charlie Hebdo" jedoch am Dienstag lediglich. Keine bildete sie ab.

"Charlie Hebdo" hatte in der Vergangenheit immer wieder Mohammed-Karikaturen veröffentlicht und damit den Zorn der Islamisten auf sich gezogen. Gleichsam nimmt die Satire-Zeitung regelmäßig Persönlichkeiten wie den Papst und ranghohe Politiker aufs Korn.

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