Zivilisten pöbeln Deutsche an Bundeswehr-Soldaten in der Türkei bedroht

Berlin · Türkische Nationalisten haben aus Protest gegen die Patriot-Mission der Nato im südtürkischen Iskenderun fünf Bundeswehrsoldaten bedrängt und angepöbelt. Die in Zivil gekleideten Soldaten wurden von türkischen Sicherheitskräften geschützt, teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr am Mittwoch in Potsdam mit. Die Angreifer hielten die deutschen Soldaten offenbar für US-Bürger.

Fakten zum "Patriot"-Abwehrsystem
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Verletzt wurde bei dem Vorfall niemand. Nach Angaben der nationalistischen Gruppe Union der Türkischen Jugend (TGB), die den Protest organisierte, wurden 42 Demonstranten vorübergehend festgenommen. TGB-Chef Ilker Yücel, der an der Aktion in Iskenderun teilnahm, erklärte nach seiner Freilassung aus dem Polizeigewahrsam auf der Internetseite seiner Organisation, die Türkei sei "kein Nato-Territorium".

Türkischen Medienberichten zufolge stülpten die TGB-Mitglieder zwei deutschen Soldaten Säcke über den Kopf. Die Geste erinnerte an die Festnahme türkischer Soldaten durch US-Truppen im Irak nach der Invasion von 2003, bei denen die Türken mit Säcken über den Köpfen abgeführt worden waren.

Passanten in Iskenderun sagten laut Medienberichten, die Demonstranten hätten die deutschen Soldaten für US-Bürger gehalten. Aus Militärkreisen verlautete, die Bundeswehrsoldaten hätten nicht zu dem Patriot-Kontingent gehört, das in Kahramanmaras stationiert werden soll, sondern seien nur zur Entladung der Luftabwehrraketen in Iskenderun gewesen. Die Deutschen hätten bei einer Einkaufstour Englisch gesprochen. Möglicherweise seien sie deshalb für US-Bürger gehalten worden.

Die Angreifer erklärten laut türkischen Medienberichten, für sie sei unerheblich, ob es sich um Deutsche oder um US-Bürger handele, schließlich seien die Soldaten Mitglieder der Nato. Laut TGB wurden die Demonstranten in Iskenderun von einem Parlamentsabgeordneten der Oppositionspartei CHP unterstützt, die als Mitglied der Sozialistischen Internationalen unter anderem mit der SPD zusammenarbeitet.

Nationalisten und Islamisten in der Türkei demonstrieren seit Tagen gegen die Stationierung der Nato-Patriots, die auf Bitten der Regierung in Ankara zum Schutz vor möglichen Raketenangriffen aus Syrien ins türkisch-syrische Grenzgebiet entsandt worden sind. Zu Wochenbeginn hatte die türkische Polizei nach gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Demonstranten bei Protestkundgebungen gegen den Patriot-Einsatz mehrere Dutzend Menschen festgenommen. Nato-Gegner in der Türkei sehen in dem Patriot-Einsatz einen Versuch insbesondere der USA, ihre Macht im Nahen Osten auszuweiten.

(AFP/felt)
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