Nach Geständnis unter Folter Bulgarien muss 27.000 Euro Schmerzensgeld zahlen

Straßburg · Wegen brutaler Folter während eines Verhörs muss Bulgarien einem Mann 27.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg sah die Folter am Dienstag als erwiesen an.

Der 54 Jahre alte Bulgare war demnach tatsächlich gefoltert worden. Der Mann war im Juni 1999 gemeinsam mit einem mutmaßlichen Komplizen unter dem Verdacht festgenommen worden, an der Ermordung von Bulgariens letzten kommunistischen Regierungschefs, Andrej Lukanow, im Oktober 1996 beteiligt gewesen zu sein.

Nach eigenen Angaben wurde er an einen geheimen Ort außerhalb der Hauptstadt Sofia gebracht und von Polizisten so lange gefoltert, bis er die Tat gestand. Dem Kläger zufolge prügelten ihn die Polizisten bis zur Bewusstlosigkeit, rissen ihm einen Fingernagel heraus und trieben spitze Gegenstände unter andere Fingernägel. Eine ärztliche Untersuchung am folgenden Tag ergab, dass der Körper des Angeklagten von Blutergüssen übersät war. Außerdem stellte der Arzt Schwellungen und Verletzungen an den Fingerspitzen fest.

Obwohl der Bulgare und sein mutmaßlicher Komplize einen Monat später ihre Geständnisse widerriefen, wurden beide Männer 2003 zu lebenslanger Haft wegen Mordes verurteilt. Drei Jahre später befand ein Berufungsgericht, die Geständnisse seien unter Folter erzwungen worden und sprach die beiden Männer frei. Auch der Gerichtshof für Menschenrechte sah die Folter als erwiesen an. Die Verletzungen des Klägers stimmten mit seiner Schilderung überein, stellte eine kleine Kammer des Straßburger Gerichts am Dienstag fest.

Gegen dieses Urteil können der Kläger und die bulgarische Regierung binnen drei Monaten Rechtsmittel einlegen. Der Gerichtshof kann den Fall dann zur Überprüfung an die 17 Richter der Großen Kammer verweisen.

(AFP)
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