Debatte um Sterbehilfe Brittany Maynard verschiebt ihren Tod

Düsseldorf/Portland · Brittany Maynard leidet an einem unheilbaren Gehirntumor. Die Ärzte gaben ihr nur noch wenige Monate. Aber die 29-Jährige möchte selbst über den Zeitpunkt ihres Todes entscheiden. Jetzt verschob sie ihren Suizid. Das Leben mit Freunden und Familie mache ihr noch Freude. Aber ihr Entschluss steht fest.

 Brittany Maynard ist unheilbar krank. Ihr Fall macht derzeit weltweit Schlagzeilen.

Brittany Maynard ist unheilbar krank. Ihr Fall macht derzeit weltweit Schlagzeilen.

Foto: dpa, cdt fdt

Für Brittany Maynard bedeutet sterben leben. Ihren Tod hatte die junge Amerikanerin zuletzt auf morgen datiert. Dann wollte sie sich in ihr Bett in Oregon legen und eine hohe Dosis Beruhigungsmittel schlucken. Neben ihr würde ihre Mutter stehen, ihr Vater, die Freunde, der Ehemann, der gestern Geburtstag hatte. Viel reden würden sie nicht, denn Brittany Maynards Entscheidung zu sterben steht bereits lange fest. Dennoch erklärte sie gestern dem US-Fernsehsender CNN, ihren geplanten Tod doch noch verschieben zu wollen. Sie habe immer noch Freude mit ihrer Familie und den Freunden. Aber ihr Wille, bald zu sterben, stehe fest.

Im Frühjahr bekam Brittany Maynard die Diagnose Krebs im Endstadium. Ein Gehirntumor werde ihr die Fähigkeit zu sprechen rauben, die Motorik, die Sinne und schließlich ihr Leben, sagten die Ärzte. Brittany Maynard verstand und widersprach. Sie wollte selbst über den Zeitpunkt ihres Todes entscheiden. "Ich möchte so sterben, wie ich es will", sagt sie in einem Video, das bereits mehr als neun Millionen mal angeschaut wurde.

Brittany Maynard und ihre Familie haben lange überlegt, bis die Entscheidung fiel. Die Familie entschloss, von ihrem Zuhause in der San Francisco Bay Area nach Oregon zu ziehen - einem der fünf US-Bundesstaaten, die die Sterbehilfe gestatten, einen Tod in Würde ("death of dignity"). Brittany Maynard musste einen neuen Führerschein beantragen und sich in die Wählerlisten des Staates eintragen.

Über ihren Wunsch zu sterben, hat sie mit vielen US-Medien gesprochen. Die Sterbehilfe rückte durch sie wieder in den Fokus. Durch ihr öffentliches Auftreten wurde die 29-Jährige zum Aushängeschild der Organisation "Compassion & Choices", die sich landesweit für die Legalisierung der Sterbehilfe einsetzt. Die Videos im Internet wurden von der Organisation produziert. Sie sind professionell: sanfte Kameraführungen, traurige Musik, Tränen, die nicht weggewischt werden, ein hoffnungsvolles Lachen.

Brittany Maynard wollte ihre Idee so publik wie möglich machen. Viele Menschen in ganz Amerika unterstützten sie dabei. Über die sozialen Netzwerke erreichten sie zahlreiche Zuschriften. Die Menschen bewundern ihren Mut. "Mein Traum ist es, dass jeder unheilbar erkrankte Amerikaner Zugang zu der Wahl hat, nach seinen eigenen Vorstellungen in Würde zu sterben", sagte Brittany Maynard.

Sie hat der Sterbehilfe in den USA ein Gesicht gegeben - ein junges und hübsches noch dazu. Seit Jahren haben Befürworter und Kritiker der Sterbehilfe die gleichen Argumente. Die Selbsttötung widerspreche dem hippokratischen Eid, sagen Kritiker. Verfechter argumentieren mit der Würde des Menschen, die nun mal unantastbar sei, so wie es im Grundgesetz steht. In diesem Meinungskrieg will Brittany Maynard den Blick wieder auf den leidenden Menschen lenken. Nur er habe das Recht, zu entscheiden. Niemand sonst.

Anfang dieser Woche hat Brittany Maynard den letzten Punkt auf ihrer "Bucket List" abgehakt. Ihre Löffelliste, auf der sie Dinge aufgeschrieben hat, die sie noch erleben möchte, bevor sie den Löffel abgibt. Mit ihrem Mann Dan Diaz besuchte sie den Grand Canyon. In ihrem Blog schrieb sie danach: "Es war atemberaubend, und ich habe mich an den Dingen erfreut, die ich am meisten liebe: meine Familie und die Natur."

Die Medikamente für ihre Selbsttötung hat Brittany Maynard bereits bekommen. Das Gesetz von Oregon gestattet seit 1997 die Sterbehilfe. Ein Arzt darf dabei aber nicht zugegen sein. Die tödliche Überdosis muss sie selbst einnehmen. Doch das wird sie wohl. Wenn nicht morgen, dann vielleicht einige Tage später. Sie hat nun die Wahl.

(RP)
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