Kim Philby Britischer Superagent half auch der Stasi

London · Kim Philby spionierte als Doppelagent für den MI6 und den KGB. Ein jetzt aufgetauchtes Video zeigt ihn bei einem Seminar für die Stasi.

 Kim Philby im November 1955 während einer Pressekonferenz im Haus seiner Eltern in London.

Kim Philby im November 1955 während einer Pressekonferenz im Haus seiner Eltern in London.

Foto: dpa

Kim Philby, der britische Meisterspion und Doppelagent, hatte gute Ratschläge für die Stasi. Ein sensationelles Video, das die BBC im Berliner Stasi-Archiv ausgraben konnte und am Montagabend in Auszügen ausstrahlte, zeigt den 1988 mit 76 Jahren gestorbenen Philby, wie er 1981 vor einer Gruppe von Geheimdienstoffizieren der Staatssicherheit ein Seminar gab. Es sind die ersten Filmaufnahmen, in denen der Landesverräter über sein Leben und seine Arbeit spricht — von der ersten Anwerbung durch den KGB bis zur Flucht nach Moskau.

Philby war der berühmteste Agent Ihrer Majestät und gleichzeitig der größte Verräter des britischen Geheimdienstes MI6. Kein Wunder, dass Stasi-Chef Markus Wolf entzückt war, die lebende Legende für einen Vortrag gewinnen zu können. Das Video zeigt, wie Wolf, für westliche Dienste zu jener Zeit der "Mann ohne Gesicht", weil es keine Fotos von ihm gab, den Briten vorstellt. Dann holt Philby zu einem einstündigen Vortrag aus, der zu einer Meisterklasse im Verrat wird.

Sohn eines britischen Diplomaten

"Liebe Kameraden", beginnt Philby in einem typischen englischen Oberklasseakzent, "ich muss Sie warnen, ich bin kein guter Redner. Immerhin habe ich mein Lebtag lang versucht, Publizität jeder Art zu vermeiden." Dann referiert der Brite, wie er es geschafft hatte, sich bis in die obersten Rängen des MI6 hochzuarbeiten und wie er "30 Jahre im Feindeslager" überlebte.

Geboren als Sohn eines britischen Diplomaten, wurde Philby auf Privatschulen erzogen und studierte an der Elite-Universität von Cambridge. Dort wurde er zum glühenden Kommunisten. Nachdem er in den 30er Jahren mit Aktivisten in Österreich gearbeitet hatte, warb ihn später in London der KGB-Agent Arnold Deutsch an. "Es war ein langfristiges Projekt", so Philby.

Der künftige Doppelagent brauchte Jahre, um sich an sein Ziel, den "Secret Intelligence Service", besser bekannt als MI6, heranzurobben. Als er jedoch dort angekommen war, sei es für ihn ein Leichtes gewesen, Geheimnisse zu stehlen. "Ihr habt alle Geschichten davon gehört", spricht er sein Stasi-Publikum an, "dass der Secret Intelligence Service eine Organisation von mythischer Effizienz wäre, sehr, sehr gefährlich. Nun, in Kriegszeiten war er es nicht."

Sein Rat für Doppelagenten? "Niemals gestehen!"

Er habe sich mit dem Mitarbeiter im Archiv angefreundet und sei mit ihm zwei, drei Mal pro Woche einen trinken gegangen. Danach wäre es für ihn einfach gewesen, sich Dokumente zu beschaffen. "Jeden Abend bin ich nach Hause gegangen mit einer großen Aktentasche voll von Berichten. Ich übergab sie meinem sowjetischen Kontakt, und am nächsten Morgen bekam ich sie zurück, nachdem der Inhalt fotografiert worden war. Ich habe sie dann frühmorgens zurück an ihren Platz gebracht. Das habe ich jahrein, jahraus so gemacht."

Im Mai 1951 flohen Guy Burgess und Donald Maclean, zwei andere britische Doppelagenten, nach Moskau. In London begann die Jagd nach dem "dritten Mann", und Philby geriet unter Verdacht. In seinem Vortrag verrät er, warum er trotz mehrere Verhöre nicht enttarnt wurde. Zum einen läge es an der britischen Oberklasse — ein Verräter in ihren Reihen sei undenkbar — zum anderen hätte der MI6 zu viel zu verlieren gehabt, wenn bekannt geworden wäre, dass er als Doppelagent gearbeitet hätte. Zum Skandal kam es dann erst zwölf Jahre später, als Philby 1963 selbst nach Moskau floh. Sein Rat für Doppelagenten? "Niemals gestehen!"

(RP)
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