Die Sekte verbreitet Angst und Schrecken in Nigeria Dieser Mann war Geisel von Boko Haram
Abuja · Sie haben mehr als 200 Schulmädchen entführt und überziehen Nigeria seit Jahren mit Gewalt: die Sekte Boko Haram. Seit Abubakar Shekau die Gruppe führt, hat sie sich radikalisiert. Einer, der die Brutalität von Boko Haram nur allzu gut kennt, ist Georges Vandenbeusch. Sieben Wochen lang war der Priester im vergangenen Jahr Gefangener der Sekte.
Als sich Boko Haram zu der Entführung der Schulmädchen bekannte und erklärte, sie zwangsverheiraten oder als Sklavinnen verkaufen zu wollen, hat das auch Georges Vandenbeusch "beunruhigt". Wie der Franzose France Info sagte, sei das Gefährliche an der Gruppe, dass sie zum einen zuvorkommend und sympathisch wirke und dann von einem auf den anderen Tag brutal sei, auch Kindern gegenüber. Ihm zufolge rekrutierten sie viele junge Menschen, die wie alle anderen jungen Menschen auf der Welt sein. Diese Erkenntnis beschreibt er als "die Einfachheit des Bösen".
Im Interview mit dem US-Sender CNN erzählte er zudem von seiner damaligen Entführung. Damals war er in Kamerun an der Grenze zu Nigeria tätig. Er erzählt von der großen Zahl von Familien, die sie damals aufgenommen hatten und die von Mitgliedern der Sekte herausgeholt worden waren. Sie hätten die Eltern direkt vor den Augen der Kinder erschossen.
Und dann seien sie gekommen, um ihn zu holen. "In der Nacht kamen zehn Männern mit Gewehren auf Motorrädern", schildert er dem Sender seine Erinnerungen. Sie hätten die Türen aufgebrochen - und ihn geholt. Um innerlich weiterzuleben, sagt er, musst du dich waschen, musst essen, was sie dir vorsetzen. Und das sieben lange Wochen. Dann kam er frei.
Solidaritätsbekundungen auf der ganzen Welt
Ob die Mädchen, die nun aus ihrer Schule entführt wurden, dieses Schicksal teilen werden, scheint im Moment fraglich zu sein — trotz aller Appelle und Solidaritätsbekundungen aus der ganzen Welt. Denn bislang fehlt von den Mädchen jede Spur. Derzeit gibt es Spekulationen, wonach die entführten Schülerinnen aus Chibok nach Kamerun gebracht worden sind. Seit Mitte April befinden sie sich in den Händen ihrer Entführer.
US-Außenminister John Kerry ruft die internationale Gemeinschaft dazu auf, sich entschiedener als bisher für die Rettung der über 200 entführten Mädchen in Nigeria einzusetzen. Die gesamte Welt solle "diese Schandtat nicht nur verdammen, sondern alles Mögliche tun, um Nigeria in den nächsten Tagen zu helfen", sagte Kerry am Donnerstagabend (Ortszeit) in Washington. Jetzt seien konkrete Hilfen nötig und nicht nur Worte der internationalen Gemeinschaft. US-Experten mit Spezialisten der Armee und der Bundespolizei FBI seien auf dem Weg nach Nigeria, fügte Kerry hinzu.
Auch der Vatikan hatte die Entführung durch Boko Haram am Donnerstag erneut als schreckliches Gewaltverbrechen verurteilt und die umgehende Freilassung gefordert. Die Täter zeigten nicht einmal Respekt vor dem Leben und der Menschwürde der Schwächsten und Unschuldigsten, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi. Vertreter der Vereinten Nationen und afrikanische Menschenrechtler hatten ebenfalls ihre Forderungen bekräftigt, alle Mädchen sofort freizulassen. Nigeria müsse die Rechte und Interessen der jugendlichen Opfer mit allen Mitteln schützen, sagte UN-Sonderberichterstatterin für Kinderprostitution und -pornografie, Najat Maalla M'jid, in Genf.