1800 Pöbel-Passagiere auf schwarzer Liste Betrunkene Russen machen Airlines Kummer

Moskau · Die Fluggesellschaften in Russland haben vermehrt mit betrunkenen Passagieren zu kämpfen. Sie trinken, pöbeln und werden handgreiflich. Das Land zeigt sich schockiert.

Bordverpflegung ist Sache der Airlines
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Und wieder eine dieser hässlichen Szenen in einem russischen Flugzeug: Das Gesicht des Fluggastes ist hochrot, er schreit, reißt einem Flugbegleiter an den Haaren. Ein anderer Passagier geht dazwischen und trägt eine gebrochene Nase davon.

Mit einer Handykamera gefilmt, ist diese Szene ein neuer Beweis für eine ganze Serie von Rüpeleien und Gewalttätigkeiten in vielen tausend Metern Flughöhe - angezettelt von betrunkenen russischen Fluggästen.

"In jüngster Zeit haben die Fälle von aggressivem Verhalten betrunkener Passagiere in Flugzeugen und auf Flughäfen zugenommen", sagt der Sprecher des russischen Untersuchungskomitees, Wladimir Markin.

Die Russen sind von derartigen Peinlichkeiten schockiert, und Abgeordnete im Land beraten nun, wie sich derartige Ausfälle verhindern lassen. Sie haben bereits härtere Strafen gefordert, bis hin zu Haft. Die Fluglinien verlangen ihrerseits, dass sie Problemfluggäste künftig sperren lassen können.

Der Generaldirektor der wichtigsten russischen Airline Aeroflot, Witali Saweljew, teilte jüngst auf Twitter mit, die Fluglinie führe eine interne schwarze Liste mit 1821 Pöbel-Passagieren. Dennoch müsse Aeroflot auch diesen Leuten weiter Tickets verkaufen.

"Meiner Meinung nach sollten alle Fluglinien in Russland gemeinsame schwarze Listen führen, dies und hohe Strafen wären der richtige Weg", schrieb Saweljew. Der größte Aeroflot-Konkurrent Transaero stimmt grundsätzlich zu - allerdings solle das Führen schwarzer Listen den jeweiligen Fluglinien überlassen bleiben, heißt es bei dem Konzern.

Der russische Duma-Abgeordnete Igor Barinow erläutert, die Flugbegleiter könnten derzeit Passagiere nicht daran hindern, sich zu betrinken und dürften auch nicht mit Körpereinsatz gegen sie vorgehen.

Anfang des Jahres musste er nach eigenem Bekunden selbst "ein bisschen Körperkraft" gegen einen Mitreisenden einsetzen, der nach ausgiebigem Alkoholkonsum auf einem Aeroflot-Flug einen Flugbegleiter schubste und dann ins Cockpit einzudringen versuchte. "Das, was auf dem Boden eine Bagatelle ist, sollte in der Luft als kriminelles Verhalten geahndet werden", sagt Barinow.

Theoretisch stehen in Russland zwar bis zu zwölf Jahre Haft auf aggressives Verhalten im Flugzeug. Die Praxis sieht jedoch ganz anders aus, und die Unruhestifter kommen meist gut weg. "Mildernde Umstände wie 'Er hatte ein wenig zu viel getrunken' oder 'Er hat die Höhenluft nicht vertragen' sollte es in Zukunft nicht mehr geben", fordert der Duma-Abgeordnete Pawel Krascheninnikow laut der russischen Nachrichtenagentur ITAR-TASS.

Für eine ganze Reihe von Russen ist das Öffnen und Weiterreichen einer Flasche mit Alkohol beim Start eines Flugzeugs jedoch ein regelrechtes Ritual: "Das haben wir doch alle schon mal gemacht", schreibt beispielsweise der russische Journalist Igor Malzew in einem Zeitungskommentar.

Bislang sind Bemühungen, übermäßigen Alkoholkonsum an Bord von Flugzeugen zu verhindern, allesamt gescheitert. Dazu gehört auch der Versuch des russischen Verkehrsministeriums, die Mitnahme von Duty-Free-Alkohol an Bord künftig zu verbieten. Fluglinien und Abgeordnete stellten sich quer: "Das löst das Problem nicht", twitterte Aeroflot-Generaldirektor Saweljew: "Schließlich drehen nicht nur Betrunkene durch."

(AFP/nbe)
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