Urteil im Tiergartenmord-Prozess Eine unmittelbare Bedrohung für den deutschen Staat

Meinung | Berlin · Zu denken, Russland habe Deutschland noch nie etwas böses getan, ist naiv. Das Urteil im Berliner Tiergartenmord-Prozess zeigt, dass dort ein direkter Angriff auf die Souveränität der Bundesrepublik stattfand.

 Die Prozessbeteiligten sitzen im Gerichtssaal beim „Tiergartenmord“ Prozess.

Die Prozessbeteiligten sitzen im Gerichtssaal beim „Tiergartenmord“ Prozess.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Wer Debatten zur deutschen Russlandpolitik verfolgt, bekommt regelmäßig den Hinweis auf „unsere eigenen Interessen“ zu hören. Präsident Wladimir Putin, heißt es dann, habe „uns doch nie etwas Böses getan“. Die Annexion der ukrainischen Krim, die Unterdrückung der russischen Opposition und die Hilfe für Diktator Alexander Lukaschenko in Belarus – all das betreffe Deutschland ja gar nicht direkt. Warum also soll man keine Gasgeschäfte mit Russland machen? Ökonomische und andere nationale Interessen haben demnach Vorrang vor Werten.

Wie grundfalsch dieser Ansatz ist, zeigte am Mittwoch das Urteil im Prozess um den sogenannten Tiergartenmord. Das Berliner Kammergericht sah es als erwiesen an, dass staatliche Stellen in Russland einen Killer beauftragt haben, mitten in der deutschen Hauptstadt einen angeblichen „Verräter“ zu exekutieren. Das aber ist nichts anderes als ein direkter Angriff auf die Souveränität der Bundesrepublik. Denn hierzulande verfügt der deutsche Staat über das Gewaltmonopol und keine russische Stelle.

Und es ist ja nicht das erste Mal, dass Putins Helfer „uns etwas Böses tun“. Man denke nur an all die Hackerattacken auf staatliche und private Computersysteme. Oder an Lukaschenkos hybride Angriffe. Ohne ein Okay aus Moskau hätte der Machthaber in Minsk niemals Migranten nach Westen geschickt. Zielrichtung: Deutschland. Zweck: Destabilisierung.

Tatsächlich bedroht uns die aggressive russische Außenpolitik also unmittelbar. Das wiederum zeigt, dass der zuletzt so viel diskutierte Gegensatz zwischen einer interessen- und einer wertegeleiteten Außenpolitik in der Realität kaum existiert. Denn selbstverständlich liegt es im nationalen Interesse Deutschlands, weltweit auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit hinzuwirken. Das ist kein idealistisches Gedöns, sondern eine zentrale Frage unserer Sicherheit.

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