Bericht von Tierschützern Etwa 100.000 Delfine und Kleinwale pro Jahr getötet

München · Zehntausende Delfine und Kleinwale werden weltweit getötet - mit Harpunen, Macheten oder gar mit Dynamit. Tierschützer haben nun viele Berichte dazu ausgewertet und sprechen von einer „Bibliothek des Grauens“.

 Jedes Jahr werden weltweit zehntausende Delfine und Kleinwale getötet (Symbolfoto).

Jedes Jahr werden weltweit zehntausende Delfine und Kleinwale getötet (Symbolfoto).

Foto: Christoph Reichwein (crei)/Reichwein, Christoph (crei)

Etwa 100.000 Delfine und Kleinwale werden nach Schätzungen von Tierschützern weltweit pro Jahr getötet. Das schreiben die Organisationen „Animal Welfare Institute“, „Whale and Dolphin Conservation“ und „Pro Wildlife“ in einem Bericht. Das sei mehr als bisher angenommen. Für ihren Report werteten die Tierschützer mehr als 300 wissenschaftliche Studien sowie Augenzeugen- und Zeitungsberichte aus. Sie sprechen von einer „Bibliothek des Grauens“.

Als Hauptgründe für die Zunahme der Jagd gelten demnach: Delfine werden in armen Ländern zunehmend verzehrt, obwohl sich in ihnen Schadstoffe ansammeln könnten. Außerdem werden sie als Köder für Fische benutzt, die wegen der Überfischung immer seltener anbeißen. Die Jagden seien in vielen Ländern unreguliert, in anderen auch illegal. Ihre Folgen seien meist nicht bekannt und schwer abzuschätzen, schreiben die Tierschützer.

Die Liste der Länder mit den meisten getöteten Tieren führt dem Bericht zufolge keineswegs Japan an. Das Land war mit Bildern toter Delfine und vom Blut rot gefärbtem Wasser aus der Bucht des Fischerstädtchens Taiji in die Kritik geraten. In Japan sei seit dem Jahr 2000 die Delfin-Jagd stark zurückgegangen: von 18.300 auf rund 2300 getötete Tiere. Damit liegt das Land auf Platz zehn der Jagd-Nationen.

Dafür rückten Lateinamerika, Afrika und Asien auf. Ganz vorne stehen laut Bericht Peru mit bis zu 15.000 getöteten Tieren und Nigeria mit rund 10.000 Tieren jährlich. Tausende Delfine und Kleinwale sterben auch in Brasilien, Venezuela, Madagaskar, Indien, Südkorea und Malaysia. Selbst in Italien und in der Türkei stießen die Tierschützer auf Fälle.

Nicht nur die Zahlen seien demnach erschreckend, sondern auch die Art der Tötung: Die Tiere würden mit Harpunen beschossen, mit Booten und Netzen eingekreist, mit Speeren, Macheten, Gewehren, Messern, Haken oder Dynamit getötet. „Die Zahl der Methoden ist angewachsen“, sagte Sandra Altherr, Biologin und Mitbegründerin von „Pro Wildlife“.

Geschnittenes Delfinfleisch werde immer öfter auf Haken oder in Reusenfallen als Köder eingesetzt. Fischer machten damit Jagd auf teure Speisefische wie Hai, Thunfisch oder den Piracatinga im Amazonas. Hier würden auch bedrohte Süßwasser-Delfine gejagt, weil sie sehr speckig und deshalb gute Köder seien, sagte Altherr. „In vielen Ländern ist die Hai-Fischerei die größte Motivation, Delfine zu jagen.“

Laut dem Report ersetzt vor allem in Ländern Westafrikas Delfinfleisch schwindende Erträge aus der lokalen Fischerei, um die wachsende Bevölkerung zu ernähren. Die Fischbestände seien durch internationale Industrieflotten ausgedünnt, sodass für die Einheimischen zu wenig für die eigene Versorgung bleibe.

Delfine und Kleinwale sind laut „Pro Wildlife“ im Gegensatz zu den Großwalen nicht durch das Moratorium der Internationalen Walfangkommission gegen kommerziellen Fang geschützt.

(mba/dpa)
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