Papst in Jordanien gelandet Benedikts heikle Mission

Düsseldorf (RP). Zum Auftakt seiner Nahost-Reise ist Papst Benedikt XVI. am Freitag in Jordanien eingetroffen. Der Pontifex stellt sich in die Tradition seiner Vorgänger. Dennoch ist die Visite brisant – aus persönlichen, politischen und theologischen Gründen.

Papst Benedikt XVI. besucht Jordanien
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Düsseldorf (RP). Zum Auftakt seiner Nahost-Reise ist Papst Benedikt XVI. am Freitag in Jordanien eingetroffen. Der Pontifex stellt sich in die Tradition seiner Vorgänger. Dennoch ist die Visite brisant — aus persönlichen, politischen und theologischen Gründen.

Der jordanische König Abdullah II. und seine Frau Rania begrüßten das Kirchenoberhaupt nach seiner Landung auf dem Flughafen von Amman. Zur Begrüßung wurden 21 Kanonenschüsse abgefeuert. Außer dem Königspaar hatten sich auch muslimische und christliche Würdenträger sowie der israelische Botschafter in Amman versammelt. In einer Rede sprach Benedikt XVI. den Muslimen seinen "tiefen Respekt" aus. Zugleich betonte er, dass Religionsfreiheit ein wesentliches Menschenrecht sei.

Der Papst lobte Jordanien als ein Land, das seit langem mit an der Spitze von Friedensinitiativen für den Nahen Osten und für den interreligiösen Dialog stehe. König Abdullah rief Benedikt XVI. zur Erneuerung des Dialogs zwischen Christen und Muslimen auf. "Hier und jetzt müssen wir einen neuen umfassenden Dialog der Verständigung und des guten Willens schaffen", sagte der Monarch, der ein Nachkomme des Propheten Mohammed ist. Der Dialog könne einen "bedeutenden Beitrag" zur Beilegung des Nahost-Konflikts leisten. Provokation und Lehren der Spaltung würden hingegen zu "unsäglichen Leiden" führen, warnte Abdullah.

Benedikts heikle Mission

An sehr klaren Tagen, heißt es, könne man vom Berg Nebo das 50 Kilometer entfernte Jerusalem sehen. Der gut 800 Meter hohe Nebo überragt das karge Plateau östlich des Toten Meeres. Die Bibel erzählt, vom Nebo habe Moses in der Ferne das Gelobte Land erblickt — betreten durfte er es nicht. Wenn Papst Benedikt XVI. am Freitag die Franziskaner-Basilika auf dem — heute jordanischen — Nebo besucht, dann wird er der Moses-Geschichte gedenken. Sein Blick wird vom Gipfel aber auch, trockene Luft vorausgesetzt, über einen Gutteil des Heiligen Landes gehen. Drei Staatsgebilde überblickt man von dort: Jordanien, Israel und die palästinensischen Autonomiegebiete. Alle drei wird der Papst in der kommenden Woche besuchen. Benedikts zwölfte Auslandsreise ist die schwierigste seines Pontifikats.

Der Papst wandelt in Palästina auf den Spuren seiner Vorgänger: Paul VI. besuchte 1964, Johannes Paul II. 2000 das Heilige Land. Die Zeit der großen Premieren, der Tabubrüche ist inzwischen vorbei. Papst Paul führte das Zweite Vaticanum zu Ende, das die katholische Judenfeindschaft offiziell verwarf. Johannes Paul besuchte als erster Papst eine Synagoge und eine Moschee, nahm diplomatische Kontakte mit Israel auf, bekannte die Verantwortung für ungezählte christliche Verbrechen an Juden, die Mitschuld von Christen am Holocaust — und betete an der Klagemauer in Jerusalem um Versöhnung. Benedikt XVI. kann darauf aufbauen. Aber er muss dieses Erbe auch mehren.

Dass diese Papstreise so brisant ist, hat dreierlei Gründe — persönliche, politische und theologische. Die persönlichen sind irrational, aber nicht irrelevant: Immer noch gibt es Israelis, die Joseph Ratzinger seine Mitgliedschaft in der Hitlerjugend vorhalten. Er kommt aus dem Land des Holocaust; Johannes Paul dagegen war Pole und hatte selbst unter deutscher Besetzung gelitten.

Die politischen Gründe sind solche, die jede diplomatische Nahost-Mission zur Gratwanderung machen: Der Konflikt zwischen Israelis und Arabern scheint verfahrener denn je, eine baldige Lösung ist nicht in Sicht. Schon haben muslimische Organisationen in Jordanien den Papst für unwillkommen erklärt. Seine Regensburger Rede 2006, in der er ein mohammedkritisches Zitat verwendete, ist noch nicht vergessen.

Theologische Verwerfungen

Am schwersten aber wiegen die theologischen Verwerfungen. Die katholische Kirche streitet, wie sie sich zur Frage der Judenmission verhalten solle, und der Riss geht mitten durch den deutschen Katholizismus. Gerade haben die Bischöfe ein Papier des Zentralkomitees der Katholiken ("Nein zur Judenmission") als theologisch defizitär gerügt. Seit 2008 ist im lateinischen Ritus am Karfreitag zudem wieder die Bitte zulässig, Gott möge die Herzen der Juden "erleuchten", "damit sie Jesus Christus als Retter aller Menschen erkennen". Und die Rücknahme der Exkommunikation der vier Bischöfe der Pius-Bruderschaft, von denen einer den Holocaust geleugnet hatte, wuchs sich Anfang des Jahres für den Vatikan zu einer regelrechten medialen Katastrophe aus. Benedikt kommt ins Heilige Land mit zwei christlich-jüdischen Krisen im Gepäck, die noch nicht ausgestanden sind.

Wohl um das Konfliktpotenzial dieser Reise zu vermindern, stellt Benedikt XVI. sich nachdrücklich in die Tradition seiner Vorgänger: Er reise als "Pilger des Friedens" — schon Paul VI. und Johannes Paul II. hatten ihre Besuche als Pilgerfahrten bezeichnet. Beide begannen in Amman, so wie es Benedikt heute tut. Johannes Paul besuchte ein palästinensisches Flüchtlingslager — Benedikt hat das am Mittwoch vor. Wie der polnische Papst wird Benedikt in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem eine Flamme entzünden. Dennoch: Jede Papstreise — daran ändern diese Parallelen nichts, das unterstreichen sie eher — ist ein politisches Großereignis.

Auf dem Nebo steht die meterhohe Bronzeskulptur einer Schlange. Der brillante Theologe Joseph Ratzinger, heute Benedikt XVI., wird ihre Bedeutung kennen — sie steht dort zur Erinnerung an Moses, der einst das eiserne Bild einer Schlange aufgestellt haben soll. Wer zu diesem Bildnis aufsah, war vom Biss giftiger Schlangen geheilt. Die hatte der Herr auf die Erde gesandt, weil die Kinder Israels verdrossen geworden waren auf ihrem langen Zug aus Ägypten. Erst nach vierzig Jahren gelangten sie an ihr Ziel. Geduld, Weitsicht, Langmut — im Heiligen Land sind das unentbehrliche Tugenden.

Mit Material von AFP

(RP)
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