Belgien kämpft gegen den Terror Elite-Soldaten patrouillieren durch Brüssel und Antwerpen

Brüssel · Nach der Aushebung einer mutmaßlichen Islamistenzelle in Belgien sind dort erstmals seit den 80er Jahren Soldaten im Inland eingesetzt worden. Die Armee beschützte am Samstag jüdische Einrichtungen, Behörden und mehrere Botschaften, wie Verteidigungsminister Steven Vandeput mitteilte.

Ein belgischer Soldat steht in Antwerpen Wache.

Ein belgischer Soldat steht in Antwerpen Wache.

Foto: afp, MM

Rund 150 belgische Soldaten bewachten laut Vandeput "strategische Orte" im Diamantenhändler-Viertel in Antwerpen, wo viele Juden leben. Auch Einrichtungen der EU, der Nato-Sitz, die Botschaften der USA und Israels sowie die große Synagoge in Brüssel wurden von Soldaten geschützt. Vor dem Jüdischen Museum in der belgischen Hauptstadt, in dem im vergangnen Mai bei einem islamistischen Anschlag vier Menschen starben, wurden Soldaten mit Automatikgewehren postiert. In den Bahnhöfen und auf den Flughäfen des Landes kam das Militär allerdings nicht zum Einsatz.

Der Sondereinsatz mit maximal 300 Soldaten ist zunächst auf einen Monat begrenzt. Zuletzt war die belgische Armee nach einer Anschlagsserie der Untergrundorganisation Kämpfende kommunistische Zellen (CCC) Mitte der 80er Jahre im Inland eingesetzt worden.

Im ostbelgischen Verviers unweit der deutschen Grenze hatte die Polizei am Donnerstag bei einem Einsatz gegen mutmaßliche Islamisten zwei Verdächtige erschossen. Die Gruppe hatte nach Erkenntnissen der Ermittler unmittelbar bevorstehende Anschläge auf Polizisten geplant.

Die belgischen Behörden fahnden nun Medienberichten zufolge nach dem mutmaßlichen Kopf der Islamisten. Der 27-jährige Abdelhamid Abaaoud soll sich nach Medienberichten in Syrien der Dschihadistenorganisation Islamischer Staat (IS) angeschlossen haben und die Islamisten in Verviers zuletzt von Griechenland oder der Türkei aus gesteuert haben.

Einen direkten Zusammenhang zwischen der belgischen Islamistenzelle und den Anschlägen auf die Satire-Zeitung "Charlie Hebdo", eine Polizistin und einen koscheren Supermarkt, bei denen vor gut einer Woche in Paris 17 Menschen getötet worden waren, sehen die Behörden beider Länder nicht. Die neue Karikatur des Propheten Mohammed, die "Charlie Hebdo" nach dem Anschlag auf ihrer Titelseite druckte, sorgte in muslimischen Ländern weiter für wütende Proteste.

Demonstranten in der nigrischen Hauptstadt Niamey setzten acht Kirchen in Brand. Etwa tausend junge Männer zogen mit Eisenstangen, Knüppeln und Äxten durch die Straßen. Etwa 20 islamische Rechtsgelehrte riefen zum Ende der Gewalt auf.

Die französische Botschaft in Niamey riet allen Franzosen im Land, zu Hause zu bleiben. Bereits am Freitag hatte es in der zweitgrößten Stadt des Landes, Zinder, schwere antiwestliche Ausschreitungen mit mindestens vier Toten und 45 Verletzten gegeben.

In Magas, der Hauptstadt der Kaukasus-Republik Inguschetien, gingen nach Behördenangaben rund 15.000 Menschen auf die Straße. Präsident Junus-Bek Jewkurow bezeichnete die Mohammed-Karikaturen als "Staatsextremismus".

Der afghanische Präsident Aschraf Ghani kritisierte die Karikaturen als "Beleidigung" des Islam. In Gaza schmierten Unbekannte Sprüche wie "Ihr kommt in die Hölle, französische Journalisten" an das französische Kulturinstitut, das nach zwei Anschlägen derzeit geschlossen ist.

Der französische Präsident François Hollande sagte bei einem Besuch in Tulle, wo er bis 2008 Bürgermeister war, die Meinungsfreiheit gehöre zu den wichtigsten Werten Frankreichs.

Unterdessen wurde der "Charlie-Hebdo"-Attentäter Said Kouachi im nordostfranzösischen Reims beigesetzt. Das Begräbnis in einem anonymen Grab fand Freitagnacht unter Polizeischutz und im Beisein weniger Angehöriger statt.

Auch in Deutschland ging die neueste "Charlie Hebdo"-Ausgabe am Samstag in den Verkauf. Allerdings gingen die meisten Interessenten wegen des enormen Ansturms leer aus. Der Verlag von "Charlie Hebdo" kündigte an, die Auflage der Ausgabe auf sieben Millionen zu erhöhen.

Großbritannien reagierte auf die Ereignisse in Frankreich und Belgien Berichten zufolge mit Überlegungen, seine Polizisten besser zu schützen.

(dpa)
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