Konflikt um Migranten Toter Syrer auf polnischer Seite der Grenze mit Belarus gefunden

Warschau · Polnische Truppen berichten von einem weiteren Versuch einer Migrantengruppe, die Grenze zu überqueren. Dabei seien die Menschen von belarussischen Soldaten unterstützt worden. Präsident Putin weist eine Mitverantwortung für die Lage zurück.

Die aktuelle Situation an der belarussischen Grenze in Bildern
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Foto: dpa/Michael Kappeler

Im Wald an der Grenze zu Belarus ist die Leiche eines jungen Syrers gefunden worden. Wie die polnische Polizei am Samstag mitteilte, wurde der Tote am Vortag in der Nähe des Dorfs Wolka Terechowska entdeckt. Die genaue Todesursache habe nicht festgestellt werden können, hieß es. In dem seit mehreren Monaten andauernden Migrationskonflikt mit Belarus sind damit insgesamt mindestens neun Tote gemeldet worden.

Die EU wirft der Regierung des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko vor, einer neuen Welle der Massenmigration Vorschub zu leisten und so Instabilität im Staatenbund zu schaffen. Damit wolle er Vergeltung für Sanktionen üben, die die EU wegen des brutalen Vorgehens gegen Dissidenten in Belarus gegen seine Regierung verhängt hat. Die EU spricht von einem „hybriden Angriff“. Belarus hat die Vorwürfe zurückgewiesen, erklärt aber auch, Flüchtlinge und Migranten würden nicht länger am Versuch gehindert, in die EU zu gelangen.

Seit Beginn des Jahres kam es nach Angaben des polnischen Grenzschutzes zu 33.000 Versuchen eines illegalen Grenzübertritts, davon allein 17.000 im Oktober. Polen sowie Litauen und Lettland haben ihre Grenzsicherung zuletzt ausgebaut, um die neue Migrationsroute zu blockieren. Mit dem herannahenden Winter und sinkenden Temperaturen wird die Lage für die zahlreichen im Grenzgebiet ausharrenden Menschen immer gefährlicher.

Eine Entspannung der Lage ist nicht abzusehen. Die staatliche belarussische Nachrichtenagentur Belta berichtete, Lukaschenko habe das Militär am Samstag angewiesen, Zelte an der Grenze zu errichten. Dort könnten Nahrungsmittel und andere humanitäre Hilfe gesammelt und an die Migranten verteilt werden, hieß es.

Die polnischen Grenztruppen erklärten am Samstag, belarussische Soldaten hätten mit der Zerstörung einer provisorischen Grenzbarriere nahe dem Dorf Czeremcha begonnen und polnische Sicherheitskräfte mit Laserstrahlern geblendet. In der Nähe hätten 100 Migranten darauf gewartet, die Grenze zu überqueren. „Die Belarussen haben die Ausländer mit Tränengas ausgestattet, das gegen die polnischen Dienste eingesetzt wurde“, erklärten die Grenztruppen. Ein Grenzübertritt der Menge sei verhindert worden.

Viele der Berichte über Zwischenfälle an der Grenze lassen sich nur schwer unabhängig überprüfen. In Belarus unterliegen unabhängige Journalisten Beschränkungen, und Polen hat über das betroffene Gebiet bis zum 30. November einen Notstand verhängt. Medienvertreter dürfen es nicht betreten. Die polnische Regierung erklärte am Samstag, sie arbeite an einem Plan, Journalisten mit Genehmigung des Grenzschutzes nach Ende des Notstands wieder aus dem Gebiet berichten zu lassen.

Der russische Präsident Wladimir Putin wies Vorwürfe zurück, sein Land sei daran beteiligt, Anreize für den Zustrom von Migranten an die EU-Außengrenze zu schaffen. „Wir haben nichts damit zu tun“, sagte Putin in am Samstag veröffentlichten Auszügen eines Interviews, das am Sonntag im staatlichen Fernsehen ausgestrahlt werden soll. Der Westen selbst sei eine Ursache der Krise, sagte Putin und verwies auf Militäraktionen in Irak und anderswo, die zu einem andauernden Konflikt in der Region geführt hätten.

(mba/dpa)
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