Paris Bekannter Frauenarzt wegen Vergewaltigung vor Gericht

Paris · Ein renommierter Frauenarzt und Experte für künstliche Befruchtung muss sich seit Dienstag in Paris wegen Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs von sieben Patientinnen vor Gericht verantworten.

Der heute 70-jährige Gynäkologe André H. war über Jahre wegen seiner Erfolge bei der In-Vitro-Fertilisation die letzte Hoffnung für viele Frauen, die sich den Wunsch nach einem Baby noch erfüllen wollten. In dem Prozess geht es um sieben Opfer, die Klagen von 27 anderen Patientinnen wurden unter anderem wegen Verjährung nicht zugelassen.

Zum Auftakt des Prozesses am Dienstag stand die zweifelhafte Rolle der Pariser Ärztekammer in dem Fall im Zentrum des Interesses. Der Anwalt eines der Opfer lehnte es ab, dass die Ärztekammer als Nebenkläger in dem Prozess auftritt. Laut der Staatsanwaltschaft gab es bereits 1985 die erste Beschwerde einer Patientin bei der Ärztekammer. Diese habe jedoch "ihre Arbeit nicht gemacht", sagte der Anwalt der Frau, Georges Holleaux.

Formelle Anzeigen bei der Ärztekammer gegen den international renommierten Mediziner habe es erstmals 1988 gegeben, doch seien sie nur als Beschwerden eingestuft worden. Die Mandantin des Anwalts erstattete schließlich im Jahr 2005 Anzeige bei der Justiz. Holleaux sagte mit Blick auf die Ärztekammer: "Es ist ihr Fehler, der es 16 Jahre lang nicht erlaubt hat, den Praktiken von Doktor H.
ein Ende zu bereiten."

Die Staatsanwältin Annie Grenier zeigte sich "entrüstet", dass die Ärztekammer nun als Nebenkläger in dem Prozess auftreten wolle. Der Verteidiger des Angeklagten verwies dagegen darauf, dass bei einer Straftat Anzeige bei der Justiz erstattet werden müsse, nicht bei der Ärztekammer. Der Anwalt der Ärztekammer hob hervor, dass es nach einer Anzeige ein Disziplinarverfahren gegeben habe, bei dem der Arzt entlastet worden sei. Dagegen habe die Ärztekammer wiederum Beschwerde eingelegt.

Alle Frauen beschrieben eine ähnliche Vorgehensweise des Arztes: Nach mehreren Versuchen der Verführung sei es zu sexuellen Angriffen oder Vergewaltigungen auf dem Untersuchungstisch oder sogar auf dem Boden der Praxis gekommen. Eine Frau wurde nach eigenen Angaben sogar schwanger, woraufhin der Arzt in seiner Praxis in Boxershorts einen Schwangerschaftsabbruch vorgenommen habe, nachdem er sie ein weiteres Mal vergewaltigt habe.

Den Zeugenaussagen zufolge hing in seinem Praxisraum ein Schild mit der Aufschrift: "Trust me, I'm a doctor" (Vertrauen Sie mir, ich bin Arzt). Der Angeklagte hat sexuelle Beziehungen mit einigen Patientinnen eingeräumt, allerdings waren sie seiner Darstellung nach im Einvernehmen. Der Mediziner ist seit 2013 aus der Ärztekammer ausgeschlossen.

(AFP)
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