Urteil in Prozess um Ölverschmutzung in Nigeria Bauern unterliegen vor Gericht gegen Ölriesen Shell

Den Haag · Es war ein Kampf David gegen Goliath: Vier Bauern aus Nigeria haben den Ölriesen Shell verklagt. Sie werfen dem Konzern vor, drei Dörfer im Nigerdelta verseucht zu haben. Vor dem Gericht in Den Haag unterlagen sie nun.

 Eric Dooh ist einer der Kläger in Den Haag. Er zeigt die Verschmutzung durch das Öl in seinem Heimatdorf.

Eric Dooh ist einer der Kläger in Den Haag. Er zeigt die Verschmutzung durch das Öl in seinem Heimatdorf.

Foto: dpa, Marten Van Dijl

Es war das erste Mal, dass sich eine niederländische Firma für Schäden einer Niederlassung im Ausland, nämlich Shell Nigeria, nicht vor Ort, sondern in den Niederlanden verantworten musste. Auch wenn Shell sich lange dagegen gewehrt hat und die Zuständigkeit des Zivilgerichts anzweifelt, so hat dieses sich doch im Jahr 2009 für zuständig erklärt. Doch nun erklärte das Gericht in Den Haag, dass allein Shell Nigeria für das Leck verantwortlich sei und nicht das Mutterunternehmen in den Niederlanden.

Das Gericht wies damit die Klage der Bauern wegen der Verseuchung ihrer Dörfer zurück. In einem Fall müsse Shell Nigeria den Klägern Schadenersatz zahlen, alle anderen Fälle würden abgelehnt, erklärte Richter Henk Wien. Die Kläger können gegen das Urteil Berufung einlegen. Mit seinem Urteil folgte Richter Wien nun der Argumentation des Konzerns, wonach allein sein nigerianisches Tochterunternehmen rechtlich zu belangen sei. Umweltschutzgruppen hatten gehofft, mit einem Urteil gegen den Ölriesen einen Präzedenzfall zu schaffen. Hätte das Gericht Shell verantwortlich gemacht, hätte dies hunderten ähnlicher Klagen Tür und Tor geöffnet.

"Unser Trinkwasser ist verseucht, unser Fisch ist verseucht"

In dem Prozess ging es um ein Ölleck, dass im Jahr 2005 drei Dörfer im Südosten verseucht hat. Die vier Bauern, die von der Umweltschutzorganisation Milieudefensie unterstützt wurden, wollten erreichen, dass Shell die entstandenen Schäden beseitigt und zudem eine Enschädigung zahlt. Der Ölkonzern dagegen sagte, es sei nur ein geringer Schaden entstanden, und man sei Opfer von Sabotage geworden.

Die Anwältin der Bauern erklärte im Oktober der Nachrichtenagentur dpa, dass seit 2005 das Grundwasser und der Boden durch Öllecks verseucht würden. "Shell hat die Leitungen nicht gut gewartet und die Schäden nicht beseitigt", so Channa Samkalden. Bauerrn und Fischer hätten ihre Existenzgrundlage verloren. Einer der Bauern sagte am Rande des Prozesses. "Unser Trinkwasser ist verseucht, unser Fisch ist verseucht, und unsere Luft ist verseucht", so Eric Dooh. "Ich erwarte Gerechtigkeit."

Dooh, so berichtete "Spiegel Online", sei im Januar zurück in seine Heimat gegangen, dorthin, wo er von seinem Vater das Fischerhandwerk erlernte. Sein Dorf namens Goi in Ogoniland, so heißt es in dem Bericht, existiere nicht länger. Als die Fische wegblieben, seien auch die Menschen weggegangen. Die Lagunen und die Fischbecken seien nach wie vor überzogen mit einem Ölfilm. In Goi rieche es, als wenn man einen Gastank auf einer frisch geteerten Straße auffülle.

Dooh erzählte in dem Bericht, dass sein Vater manchmal genug hatte, er sei der vielen Informationsbroschüren Shells überdrüssig gewesen, die der Konzern ausgegeben habe, um das Dorf zum Stillschweigen zu bewahren. Nun gehört Dooh Junior zu den Klägern in Den Haag, sein Vater ist inzwischen gestorben.

Shell spricht von Sabotage

Shell selbst hatte während des Prozesses erklärt, dass man die Schäden nach den ersten Lecks beseitigt habe. Für weitere Schäden seien lokale Sabouteure zuständig. Außerdem würden kriminelle Gruppen Löcher in die Rohre schlagen, um Öl zu stehlen. Schuld sei also nicht eine schlechte Wartung der Pipeline, dennoch habe man "alles sauber gemacht".

Friends of Earth, die Mutterorganisation von Milieudefensie, dagegen sagte, die Ölpest im Niger sei zweimal so groß wie nach der Explosion der Ölplattform "Deepwater Horizon". Damals flossen rund fünf Millionen Liter Öl in den Golf von Mexiko. "Wir sind bereit zu kämpfen — solange wie es notwendig sein wird", sagte Milieudefensie-Sprecher Geert Ritsema vor dem Urteil. Er bezweifle aber schon zu diesem Zeitpunkt, dass es ein Urteil geben werde, dass beide Seiten zufriedenstelle.

Kritiker jedenfalls werfen Shell schon lange vor, mit unsauberen Methoden zu arbeiten. Ein Ex-Mitarbeiter sagte "Spiegel Online": "Die Einrichtungen in Nigeria stimmen weder mit internen noch internationalen Standards überein. "Jede Einrichtung von Shell, die ich gesehen habe, war schmutzig."

mit Agenturmaterial

(das)
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